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Kultur Filme, Bücher, Lieder

15 Kulturtipps zum Füttern der Sommermelancholie

„Call me by your Name“

Familie Perlman verbringt den Sommer in einer mondänen Villa. Während der 17 Jahre alte Sohn Elio klassische Musik hört und keinen Flirt auslässt, beschäftigt sich sein Vater mit antiken Statuen.

Quelle: Sony Pictures

Autoplay
Es gibt den grellen Badekreisch-Sommer und den dämmernden Fahrtwind-Sommer. Unsere Tipps beschäftigen sich mit letzterem: Dem Gefühl einer schönen Traurigkeit an Sommertagen und den Künstlern, die sie am besten beflügeln. Wir haben 15 bekannte und weniger bekannte Klassiker gefunden.

Hitze macht schwerfällig und von da ist es zur Schwermütigkeit nicht weit. Ein Gefühl, das man besonders abends gut fühlt, wenn die Sonne nicht mehr ganz so hoch steht und ein rötliches Licht ins Zimmer oder über Weizenfelder wirft. Wenn sich alles „schön und gleichzeitig schrecklich“ anfühlt, wie die Protagonistin in „Der Geschmack von Apfelkernen“ sagt. Zu langen Sommertagen, die auf schöne Art traurig machen, ist Künstlern schon immer etwas eingefallen. Wir haben eine Liste der besten Filme, Bücher und Lieder zusammengestellt, die so süß und schwer sind, wie tief hängende Früchte.

Filme

Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers

Ein Mann liest in der Zeitung vom Tod eines andern Mannes, der einmal sein bester Freund gewesen war. In dem Sommer als sie und zwei weitere Freunde ihre Rucksäcke packten und sich auf die Suche nach der Leiche eines Jungen machten. Seit Tagen berichteten die Nachrichten von seinem Verschwinden. Der Film basiert auf einer Novelle von Stephen King und wird dementsprechend von einem sanften Gruseln begleitet. Gleichzeitig hat er durch die Wanderung der vier den Charme eines Roadmovies, samt Hindernisse und emotionaler Ausbrüche. Es geht um Eltern, die einen nicht verstehen, um jugendliche Ehre und die Trostlosigkeit von Kleinstädten. Vor allem aber geht es um Jugendfreundschaften, die nicht länger bestehen und doch die wichtigsten im Leben bleiben. Letzter Satz: „Ich habe nie wieder so gute Freunde gehabt, wie die als ich zwölf war. Hat das irgendwer?“

Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa

Gelebte Trostlosigkeit: Ein Job im Supermarkt, eine Affäre mit der verheirateten Nachbarin, der Vater hat sich im Keller erhängt, die Mutter ist so dick, dass sie das Haus nicht mehr verlässt, der Bruder ist geistig behindert. Gilbert Grape hat nicht viele Gründe, sich auf den nächsten Tag zu freuen. Er lebt in einem Kaff, irgendwo im US-Bundesstaat Iowa, indem das spannendste die Neueröffnung eines schlechten Burgerladens ist. Doch die Luftballons machen alles noch trauriger. Dann verliebt sich Gilbert in die Durchreisende Becky und in der Perspektivlosigkeit schimmert matte Hoffnung. Trotz aller Tristesse ein schöner Film über Liebe und neue Anfänge.

Call me by your Name

In keinem Film ist der Sommer sinnlicher als in diesem. Wir sind in Italien, es ist heiß, nur das große Landhaus kühl. Eine mehrsprachige jüdische Intellektuellenfamilie beherbergt einen Doktoranden aus den USA. Elio, der Sohn des Hauses, und Oliver, der Doktorand, verlieben sich ineinander. Inmitten von reich behangenen Aprikosenbäumen, Schwimmhosen, die in der Badewanne trocknen und ersten jugendlichen Sex-Versuchen. Aber es sind die 80er und die Liebe noch komplizierter als ohnehin. Der Film ist das Gefühl, wenn man nach langem Schwimmen in der Sonne einen Pfirsich isst und dann, am späten Nachmittag, auf frisch-gewaschenen Bettlaken eindöst. Gleichzeitig ist er aber auch das Gefühl der ersten großen Liebe, die nicht hält.

Thelma und Louise

Ein Klassiker der Sommermelancholie und für alle Liebhaber von Roadmovies: Die Freundinnen Thelma und Louise fliehen vor der Polizei – im Auto durch die USA. Die eine hat einen Mann erschossen, der die andere vergewaltigen wollte. Zunächst panisch fahren sie im Cabrio von Motel zu Diner, immer weiter, und gabeln auf dem Weg einen blutjungen Brad Pitt auf. Je länger die Flucht dauert, desto selbstbewusster wird ihre anfangs affekthafte Selbstjustiz. Sie fahren durch die Wüsten-Staaten Richtung Mexiko, mit der Pistole im Handgepäck. Ihrem traurigen wie schönen Ende entgegen.

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Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern

In den Südstaaten der USA scheint Sommermelancholie immer noch ein wenig eindringender als anderswo. Im heißen Louisiana erzählen die Ya-Ya-Schwestern – vier Freundinnen – über ihre Leben und eine komplizierte Mutter-Tochter Beziehung. Dabei springt der Film zwischen ihren verschiedenen Lebensphasen hin und her. Wir sehen junge Frauen, die sich in Unterwäsche im Cabrio eine frische Brise verschaffen, am See „ertrinken“ spielen und mit einem Hubschrauber über die Felder im Umland fliegen. Gleichzeitig, aber auch verpasste Karrieren, getötete Verlobte und den verlorenen Verstand betrauern. Schlechte Manieren in schönen Kleidern, die man sich besonders gut an Sommerabenden angucken kann.

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Bücher

Bonjour Tristesse

Ein Sommer an der Côte d’Azur, der in einem mutmaßlichen Selbstmord endet. „Bonjour Tristesse“ hat Françoise Sagan berühmt gemacht und ihr einen Skandal beschert. Er war zu sexuell, zu explizit, für die 50er-Jahre in Frankreich, in denen er erschien. Im Buch geht es um die 17-jährige Cécile, die mit ihrem Vater in Dekadenz und Sorglosigkeit lebt. Als der Vater schließlich heiraten, also bürgerlich werden will, plant Cécile eine Intrige, um die unerwünschte Frau loszuwerden. Mit Erfolg. Die Schönheit von Sonne und Meer und dem Süden Frankreichs dient als Kulisse für Eitelkeiten und jugendlichem Egoismus. Die Figuren sind gleichermaßen anziehend wie abstoßend und formen so die perfekte Grundlage für ein deprimierend-faszinierendes Sommerbuch: „Dann steigt etwas in mir auf, das ich bei geschlossenen Augen mit seinem Namen begrüße: Willkommen Trauer.“

Hard Land

Benedict Wells, obwohl deutsch, weiß, dass Sommermelancholie am besten in den USA funktioniert. Dort spielt sein Roman „Hard Land“, in den 80er-Jahren im Bundesstaat Missouri. Die Atmosphäre erinnert an das hier schon genannte „Stand by me“ und John Greens „Looking for Alaska“ (ebenfalls eine Sommermelancholie-Empfehlung). Wieder geht es um eine melancholische Jugend in einer Kleinstadt. Sam hat einen Sommerjob in einem alten Kino angenommen. Dort findet er Freunde und verliebt sich zum ersten Mal. Doch er trauert wegen der Krebserkrankung seiner Mutter und schließlich um ihren Tod. Er schreibt traurige Lieder auf der Gitarre. Gleichzeitig ist er jung und verliebt und will mit seinen Freunden von der Klippe ins Meer springen. Ein schönes Buch für den Sommer. Lustig, trotz aller Melancholie.

Der Große Gatsby

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In F. Scott Fitzgeralds Roman ist es so heiß, dass die Figuren sich nur mit Eisblöcken und Champagner abkühlen können. Ein Glück sind sie fast alle reich. Es sind die 20er-Jahre und es herrscht Lust auf Ausschweifung und Eitelkeit. Nick Carraway erzählt die Geschichte eher von der Seitenlinie aus. Von der großen Liebe zwischen dem geheimnisvollen Jay Gatsby und seiner Cousine, der schönen Daisy. Die beiden sind so sehr in ihre Liebe verliebt, dass sie unter ihr alles begraben. Kein heißes Sommermärchen, ohne wenigstens einen Toten. In diesem Fall sind es zwei. Ein Klassiker, der zwar nicht für Abkühlung sorgt, aber die Hitze etwas schöner flirren lässt.

Wer die Nachtigall stört

Viele verbinden mit Harper Lees Klassiker vielleicht eine lästige Schullektüre. Aber ein neuer Blick in den Roman lohnt sich. Er spielt in Süd-Alabama, wo die Moosbehangenen Bäume wachsen und Alligatoren in Gewässern lauern. Alles dreht sich um den Gerichtsprozess gegen den Schwarzen Tom Robinson und seinen Verteidiger Atticus Finch. Aber auch um die Kinder des Anwalts, Scout und Jem, und den geheimnisvollen Boo Radley, der in seinem Haus verborgen bleibt. Der Roman spielt in den 30er-Jahren, ist aber mitten während der Bürgerrechtsbewegung in den 60ern erschienen. Harper Lee, eine langjährige Freundin von Truman Capote, beschreibt darin die Hitze der Südstaaten und die der Gemüter. Und wie man sie lindern kann.

Der Geschmack von Apfelkernen

Der Roman von Katharina Hagena hat, was jede dunkle Sommergeschichte braucht: ein Geheimnis. Iris fährt nach dem Tod ihrer Großmutter in deren Haus, indem sie in ihrer Jugend ihre Sommer verbracht hat. Ein großes Anwesen mit einem Garten voller Apfelbäume. Hier hat sie mit ihrer Cousine und einer Freundin „Friss oder Stirb“ gespielt. Dabei muss eine mit verbundenen Augen essen, was die anderen ihr in den Mund stecken. Egal, ob Zucchini oder Regenwurm. Wieder im Haus ihrer Jugend beginnt Iris, alte Familiengeschichten zu entschlüsseln und wie es zum tödlichen Unfall ihrer Cousine kam. Der Roman erzählt von jugendlicher Wildheit, die manchmal grausam sein kann. Von kaputten Familien, die sich trotzdem lieben. Und der Melancholie der Kindheit.

Musik

Summertimes Sadness

Eigentlich könnten hier direkt alle Alben von Lana del Rey stehen. Die Lieder sind so süß und schwer, als wären sie in Honig getränkt. Entsprechend sind die Musikvideos – auch zu Summertime Sadness – in eine altes-Hollywood-Retro-Optik getaucht. Sie singt von einem Abschied. Vom schnellen Autofahren an der Küste entlang und von summenden Telefonmasten: „Wenn ich gehe, sterbe ich glücklich heute Nacht“. Dabei klingt schwer der Synthesizer und die hauchende Stimme der Sängerin. Wie gut die mit Sommermelancholie zusammengeht, beweist auch, dass sie den Titelsong zu einer Verfilmung von „Der große Gatsby“ (2013) beisteuerte: Young and Beautiful.

Summer Wine

„Es fühlt sich an, wie ein Song aus einem Tarantino-Film“ hat ein Youtube-Nutzer kommentiert. „Once Upon a Time in Hollywood“ würde sich zum Beispiel eignen. Wenn Sharon Tate im Cabrio durch die heiße Stadt fährt. Der Song wurde 1966 von Lee Hazlewood geschrieben und erst im Duett mit der Country-Sängerin Nancy Sinatra erfolgreich. Darin geht es um einen Reisenden mit silbernen Sporen, der von einer Frau zum Wein trinken verführt wird. Von der süßen Mischung aus „Erdbeeren, Kirschen und einem Engelskuss im Frühling“, wird dem Fremden immer schwummriger. Bis er schließlich einschläft und bestohlen wieder aufwacht. Als ihn die Sonne weckt, will er trotzdem nur eins: mehr Sommerwein.

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Memory of a Free Festival

Zum Sommer gehören auch Musikfestivals. Sie beheimaten ein ganz eigenes Gefühl der Melancholie, von leichtem Rausch und andauernden Bässen. „Die Kinder des Spätsommers versammelten sich im feuchten Gras. Wir spielten unsere Lieder und fühlten den Londoner Himmel.“ David Bowie hat das Lied 1969 geschrieben und besingt darin ein Musikfestival in London. Und die Drogen und die Liebe, die dabei ausgetauscht wurden. Am Ende dröhnt immer wieder „Die Sonnenmaschine kommt runter und wir werden eine Party feiern“. Als der Song rauskam, war er nicht besonders erfolgreich. Umso mehr ein Grund, sie jetzt neu zu entdecken. Denn die Sonne geht langsam unter und wir sollten noch feiern.

Summer‘s almost gone

„Der Sommer ist fast vorbei“ singt Jim Morrison von The Doors mit schwerer Stimme. Und: „Wenn der Sommer vorbei ist, wo werden wir sein“? EineFrage, die von der Sommermelancholie nicht zu trennen ist. Wenn die warmen, süßen Tage enden, und man nicht weiß, wie es danach werden soll. Ohne den See, das Baden und die langen Nächte. Noch sind sie da. Aber man kann sie nur noch traurig genießen. Denn es ist klar: Sie werden enden.

Boys of Summer

Nichts ist schöner und schrecklicher als eine Liebe, die nur einen Sommer lang dauert. Um diese verlorene Sommerliebe geht es in „Boys of Summer“ von Don Henley. Um ihre braune Haut und ihre Sonnenbrille im Gesicht. Von Weitem sieht er sie noch, will loslassen, kann aber nicht. Beim Hören des Liedes erscheint vor dem inneren Auge sofort ein verstaubter Cadillac im Abendlicht, Sand auf dem Asphalt und ein Autoradio, das man noch mit Druckknopf anstellt. Wer es besonders melancholisch mag, hört sich am besten direkt die Coverversion von First Aid Kit aus diesem Jahr an.

Das waren nur einige von vielen Empfehlungen, die man in dieser spätsommerlichen Zeit ansehen, lesen oder hören sollte. Und der Gedanke, dass es so großartige Filme wie „Little Miss Sunshine“ und „My Girl“ nicht unter die Auswahl geschafft haben, macht direkt wieder melancholisch.

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