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Kultur „Kleo“ bei Netflix

So gut ist die neue Netflix-Stasi-Serie mit Jella Haase

Redakteur Feuilleton
Blutig, lustig, großartig: Jella Haase ist Kleo, die Stasi-Killerin Blutig, lustig, großartig: Jella Haase ist Kleo, die Stasi-Killerin
Blutig, lustig, toll: Jella Haase ist Kleo
Quelle: Netflix/ Julia Terjung
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Deutsche Stasi-Serien sind ein internationaler Verkaufsschlager. Jetzt hat auch Netflix eine: „Kleo“. Eine von Mielkes Mörderinnen geht darin nach der Wende auf Rachefeldzug. Muss man eigentlich sehen – vor allem wegen einer Frau.

Bevor es losgeht, wollen wir mit einem Missverständnis aufräumen, ehe es überhaupt aufkommt. Und über Suppe reden. Es gibt nämlich eine Dose, die man seit Jahren bei großen Supermarktketten im Osten kaufen kann. Darauf sieht man ein ziemlich blondes Kind mit weißem Hemd und dem roten Halstuch der Thälmannpioniere. Löffel in der Hand, hat es irgendwas Rotes um den Mund, so als habe es gerade einen Klassenfeind bei lebendigem Leib ausgesaugt. Das Kind, es ist offensichtlich ein Junge, grinst mit gebleckten Zähnen. Es sieht gefährlich glücklich aus.

Schulküchen-Soljanka heißt die Dose. „Mit Fleisch & Wurst“ und „Einfach, echt und schmeckt wie früher“ steht da noch auf dem Etikett. Eine schwarz-rot-goldene Banderole samt Hammer und Zirkel im Ährenkranz ziert außerdem den oberen Rand. Verharmlosung – es gibt auch eine NVA-Feldsuppe – wurde dem Hersteller und dem Vertreiber jetzt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur vorgeworfen. Als Beispiel für Ostalgie in Dosen sozusagen.

Die Suppenküche aus Sachsen-Anhalt verteidigte sich mit dem Hinweis, dass es durchaus einen Bedarf gebe für „Einfach, echt und schmeckt wie früher“. Und dass für Schulsoljanka und NVA-Feldsuppe keine künstlichen Aromen, keine Farbstoffe und keine Geschmacksverstärker verwendet würden. Von Ironie als Zutat war natürlich keine Rede. Ironie versteht ja keiner, schon gar nicht auf Dosen.

Mordmaschine des Systems

Womit wir jetzt endlich bei „Kleo“ wären, einer neuen deutschen Serie, die jetzt bei Netflix anläuft. Ein Achtteiler über das Schicksal einer Topspionin der „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA), einer begnadeten Auftragsmörderin im Dienste Erich Mielkes.

Zwischenspiel im Stasi-Knast: Kleo Straub (Jella Haase)
Zwischenspiel im Stasi-Knast: Kleo Straub (Jella Haase)
Quelle: Netflix/ Julia Terjung

Man könnte dieser gefühlt achten Ableitung des DDR-Spionagethriller-Themas durchaus vorwerfen (viel ist es nicht), was man DDR-Spionagethriller-Serien immer vorwerfen kann, für die es – vor allem im Ausland, wie „Deutschland 83ff“ in 180 Ländern bewies – einen Bedarf gibt. Deutsche Stasi-Dramen sind ein internationaler Verkaufsschlager. DDR-Verharmlosung ist das nicht. Weil die Geschichte der verratenen und anschließend Rache nehmenden Kleo Straub vollgepackt ist mit künstlichen Aromen, Farbstoffen, Geschmacksverstärkern. Und mit Ironie. Und mit Wahnsinn. Und weil man vielleicht nur so der Wahrheit eines Traumas und einer Zeit auf die Spur zu kommen. Aber der Reihe nach.

Kleo Straub muss man sich als eine glückliche, geradezu kindliche Killerin vorstellen. Fröhlich singt sie ihr Tschekistenlied („Vorwärts, Tschershinsky-Soldaten“). Sie ist ein klarer Fall von sozialistischem Missbrauch. Ihr Opa, einer ganz oben in der HVA, hat sie im Glauben an die Überlegenheit des Sozialismus zu einer treuen Mordmaschine des Systems erzogen. Die Mutter ist irgendwann verschwunden.

Unterhaltung für den Klassenfeind

Nach getaner Tötungsarbeit im Westen sitzt Kleo gern vor dem „Sandmann“ im Schwarz-Weiß-Ost-Fernsehen und mümmelt Wurzener Erdnussflips. Wir sind im Jahr 1987. In Rolf Edens legendärer West-Berliner Diskothek, dem „Big Eden“, hat Kleo gerade einen Mann mittels vergiftetem Koks um die Ecke gebracht. Wer das Opfer war, weiß sie nicht, weiß sie nie, sie soll ja bloß töten. Damit geht es los. Es ist ihr letzter Auftrag. Sie ist schwanger. Dann wird sie verhaftet. Weil sie Baupläne eines VEB-Unterhaltungselektronik-Topprodukts an den Klassenfeind verkauft haben soll.

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Drei Jahre später kommt sie frei. Nichts ist wie vorher. Der Osten ist vogelwild. Der Kapitalismus kommt. Die alten Kader spinnen neue Netzwerke. Und Kleo – eine späte Schwester des Grafen von Monte Christo – will es wissen. Will wissen, wie es war und wer.

Die Erinnye aus dem Stasi-Knast mordet sich in der mutmaßlichen Befehlskette nach oben. An der Spitze angekommen – dem antiken Dramenplan gemäß ziemlich genau in der Mitte dieser ziemlich blutigen Tramödie –, am Krankenbett des Genossen Mielke, den sie selbst mit einem rührenden, aber vergifteten Rührkuchen (sie hat einen Faible für Eier) dahin gebracht hat, erkennt sie, dass alles doch anders war als gedacht. Komplizierter. Vor allem wegen dieses vermaledeiten roten Koffers, der seit dem „Big Eden“ wie ein Malteser Falke ständig irgendwo auftaucht. Und dessen Inhalt gefährlich sein soll für die Welt.

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Die Macher von „4 Blocks“ haben Kleos Schlamassel angerichtet. Sie scherten sich nicht sonderlich um historische Wahrheiten. Um den echten popkulturellen Geschmack von früher schon. Schrill, schnell, schräg, schmutzig ist „Kleo“. Bekommt man in keine Dose. Schmeckt aber grandios. Was wiederum an Jella Haase liegt. Jella Haase ist Kleo. Sie hat den kompletten Mörderkoffer des Spioninnenschauspiels dabei. Und sie benutzt alles, was drin ist. Kann in Millisekunden von Göre auf Grandezza schalten.

Wer danach nicht flach vor ihr auf dem Boden liegt, braucht dringend eine Suppe.

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