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Hamburg Schleswig-Holstein Musik Festival

„Das wird hoffentlich wie im Paradies“

Redakteur
Omer Meir Wellber, hier in der Semperoper Omer Meir Wellber, hier in der Semperoper
Omer Meir Wellber, hier in der Semperoper
Quelle: Wilfried Hösl
Der Dirigent, Instrumentalist und Romancier Omer Meir Wellber gestaltet als Porträtkünstler 14 Konzerte beim Schleswig-Holstein Musik Festival – mit ungewöhnlichen musikalischen Experimenten.

Steht dieser energiegeladene 41-jährige Musiker und Musikant, diese Mischung aus Empathie und überquellender Freude am Gestalten vor einem Orchester, ist wohl jeder klassische Klangkörper ernsthaft gefordert. Spielt Omer Meir Wellber als Dirigent zudem sein Akkordeon, wie beim „Libertango“ von Astor Piazolla mit den Wiener Symphonikern, wird den Profis noch mehr abverlangt.

Denn was Wellber seinem Instrument entlockt – das für ihn, wie er sagt „im Unterschied zum Klavier atmet“ –, geht unter die Haut. Der Komiker Bastian Pastewka bekannte in der „NDR-Talkshow“ jüngst bewundernd, er sei bei dem Libertango- Auftritt „vollkommen ausgeflippt“.

Der israelische Komponist, Pianist und Akkordeonist Omer Meir Wellber ist seit 2019 Chefdirigent des BBC Philharmonic, seit 2018 musikalischer Leiter des Teatro Massimo di Palermo sowie Erster Gastdirigent der Semperoper Dresden und beginnt im September als musikalischer Leiter an der Wiener Volksoper.

Bevor er in Wien das Haus mit neuem Leben füllt, gibt Wellber 14 Konzerte mit neun Programmen im Norden, nämlich als Residenzkünstler beim Schleswig-Holstein Musik Festival (SHMF). Das Festival wird am 3. Juli mit einem Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters unter Leitung von Alan Gilbert in Lübeck eröffnet – mit Igor Levit am Flügel erklingt das Klavierkonzert Nr. 2 von Johannes Brahms, dem die diesjährige Komponisten-Retrospektive gewidmet ist.

Intensive Hörerlebnisse

Auch Wellber gibt einige Konzerte mit Brahms-Werken, darunter den Abend „Omer & Brahms“ mit dem Festivalorchester, bei dem am 29. Juli in Flensburg unter anderem das Doppelkonzert für Violine (Veronika Eberle) und Cello (Steven Isserlis) geplant ist. Das erste Konzert Wellbers erklingt jedoch bereits am 6. Juli in Hasselburg. Schon der Titel „Die acht Jahreszeiten“ lässt aufhorchen.

Wellber kombiniert „Die vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi mit den „Vier Jahreszeiten von Buenos Aires“ von Astor Piazolla, verschränkt den argentinischen Komponisten aus dem 20. Jahrhundert also mit dem Meister des Barock. Wellber wird das Konzert mit Jacob Reuven an der Mandoline und dem Streicherensemble der Volksoper Wien dirigieren und selbst Akkordeon und Cembalo spielen – was intensive Hörerlebnisse verspricht, denn gerade am ersten Instrument gilt Wellber als Ausnahmegröße.

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„In meiner Heimatstadt Be’er Sheva – einer Stadt voller Immigranten aus Osteuropa, ist das Akkordeon sehr populär“, erzählt Wellber der WELT AM SONNTAG von seiner Kindheit in Israel, „und es spielt eine wichtige Rolle bei allen alltäglichen Anlässen, zusammenzukommen und gemeinsam zu singen. Als ich die ersten fünf Akkorde konnte, habe ich gleich meine Familie zum Gesang begleitet.“

Wellbers Arbeit folgt drei Prinzipien

Unter Wellbers Konzerten ist „nicht eines, in dem ich nicht mit Freunden musiziere“, sagt der Künstler in Anspielung auf Leonard Bernstein, der das Festival 1986 unter dem Motto „Let’s make music as friends“ gründete. Wellber bezieht sich in seiner Arbeit auch in anderer Hinsicht auf Bernstein, ihm sind dieselben drei Prinzipien bei der Arbeit wichtig: „Erstens die Freiheit, Neues auszuprobieren, zweitens die musikalische Bildung und drittens die Arbeit in den Gemeinden vor Ort.“ Diesem Credo folge er auch bei seiner Arbeit in Palermo, sagt Wellber – und sein Plan, die Volksoper in Wien im Herbst mit neuen Formaten „dem Volk zurückzugeben“ beruht auf diesem integrativen Prinzip.

Als Dirigent des BBC Philharmonic stellt Wellber gemeinsam mit dem Pianisten Fazil Say in Lübeck (23. Juli) und im dänischen Sonderburg (24. Juli) eine andere Seite von sich vor. Gespielt werden Ludwig van Beethovens drittes Klavierkonzert und Peter Tschaikowskys Sinfonie Nr. 6 h-Moll. Das Festival will der Dirigent vorwiegend für musikalische Experimente nutzen, denn „in meinen fünf Wochen werde ich hoffentlich den künstlerischen Traum leben, im besten Sinne zu musizieren.“

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Dazu gehöre für ihn, dass hier nicht nur Tournee-Programme gespielt werden, die Gestaltungsfreiheit garantiere ein „Festival, das nicht politisch korrekt ist. Da fühle ich mich wohl.“ Zudem seien Künstler heute dazu verdammt, viel zu reisen, aber beim Festival werde sich die Arbeit anfühlen „wie für einen Künstler in den 20er- oder 30er-Jahren, der an einen Ort fährt, bleibt, und eine Weile in derselben Atmosphäre arbeitet. In Schleswig-Holstein gibt es diese tolle Natur und viele Freunde, die auch dort sein werden. Das wird hoffentlich wie im Paradies.“

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Die Bandbreite der Programme Wellbers ist enorm. Er ist auch Romanautor und stellt gerade gerade seinen zweiten Roman fertig – nach dem Debüt „Die vier Ohnmachten des Chaim Birkner“. An der Seite von Isabel Karajan tritt Wellber auch lesend auf. Beide tragen zum Klavierspiel von Daniel Ciobanu „Enoch Arden“ in Richard Strauss‘ Fassung in Plön vor (27. Juli). Mit Dominique Horwitz als Sprecher und Wellber als dirigierendem Pianisten erklingt in Kiel Strawinskys „Geschichte vom Soldaten“ (31. Juli).

Der zweite Festival-Schwerpunkt ist Johannes Brahms gewidmet. Nicht nur Brahms-Experte Alan Gilbert feiert den Hamburger Komponisten, seine Werke erklingen in 57 Konzertprogrammen. Spannende Kombinationen mit Literatur bieten „Brahms und der Norden“ mit Axel Milberg (Kiel und Lübeck), „Brahms und die Schumanns“ mit Martina Gedeck (Kiel und Hamburg) sowie „Wahrheit, Täuschung, Liebe“ mit Christian Brückner in Flemhude und Glücksburg.

Beim 37. Schleswig-Holstein Musik Festival (2. Juli bis 28. August, www.shmf.de) stehen 204 Konzerte, fünf Musikfeste auf dem Lande, zwei Kindermusikfeste und der Werftsommer in Lübeck auf dem Programm. Das Budget des Intendanten Christian Kuhnt liegt bei 11,3 Millionen Euro. Auftritte gibt es in 123 Spielstätten an 65 Orten in Schleswig-Holstein, Dänemark, Hamburg und im nördlichen Niedersachsen. Zu den Stars in Kieler Konzerten zählen Tom Jones (6. August), Elisabeth Leonskaja (16. August), Martin Grubinger (4. August) und Sänger der Metropolitan Opera New York mit einem „Porgy & Bess“-Konzert in der Wunderino Arena (früher Ostseehalle, 27. August). In Hamburg gibt es sechs Konzerte im Großen Saal der Elbphilharmonie, wo die Prager Sinfoniker am 22. August mit der Cellistin Anastasia Kobekina aufspielen.

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