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Kultur Fritz Wepper †

Er war vieles von dem, was wir alle sind

Wagen? Welcher Wagen? Fritz Wepper (1941–2024) Wagen? Welcher Wagen? Fritz Wepper (1941–2024)
Wagen? Welcher Wagen? Fritz Wepper (1941–2024)
Quelle: dpa
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Als Hollywood rief, hatte er im deutschen Fernsehen zu tun. Fritz Wepper wurde zum Vorabendseriengesicht, zum Harry vom Dienst. Dass er schon mal den Wagen holen solle, hat zwar nie jemand gesagt – aber sein Publikum liebte ihn dafür, dass er es jederzeit getan hätte.

Allzu lange hat er ihn nicht warten lassen, seinen jüngeren Bruder. Als der Schauspieler Elmar Wepper Ende Oktober 2023 gestorben war, einfach umgekippt, wie es hieß, riefen die Feuilletons diesem von ihnen spät entdeckten melancholischen Luftgeist („Kirschblüten – Hanami“) mit so großer Zartheit und Zuneigung nach, als hätten auch sie einen zu lange aus dem Blick geratenen Verwandten verloren.

Fritz, dem Älteren, dem Kernigeren, dem kaum von Zweifeln geplagten Durch-und-Durch-Volksschauspieler und großen Bruder, hätte man solche Zartheit, wie sie Elmar auf der Leinwand zeigte, weniger zugetraut.

Aber warum eigentlich? Fritz, der jetzt im Alter von 82 Jahren nach langer Krankheit in einem Münchner Hospiz gestorben ist, hatte damals, als Elmar den Deutschen Filmpreis erhielt, seinen Freudentränen freien Lauf gelassen. Das Glück des Bruders war auch seines.

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Elmar Wepper†

Sie waren ein Brüderpaar, das unterschiedlicher nicht hätte sein können, doch ihre Unterschiede ergänzten und förderten einander. Vaterlos aufgewachsen in den Trümmern des Nachkriegs-Münchens, spielten sie viel draußen und ließen einander in ihrer jeweiligen Eigenart strahlen. Beide schufen auf je ihre Art eine bundesrepublikanische Breitenwirksamkeit, sodass es kaum übertrieben ist zu sagen: Das deutsche Fernsehen, das waren die Weppers.

Fritz aber ganz besonders. Die ARD-Serie „Um Himmels Willen“ mit ihren 20 Staffeln von 2002 bis 2021 – Wepper spielte darin die Hauptrolle als Bürgermeister – war zeitweise die meistgesehene Serie im deutschen Fernsehen, und der sprichwörtliche „Derrick“-Satz „Harry, hol schon mal den Wagen“ ist zwar nie so gefallen, entfaltete aber im frühen Serien-Smalltalk immer wieder seine beruhigende Wirkung.

Von „Cabaret“ zu „Derrick“

Anders als der nachdenklichere Elmar hatte Fritz von Anfang an zielstrebig auf die Schauspielerei gesetzt. Schon als Kind stand er in „Peter Pan“ auf der Bühne und verdiente damit sein erstes richtiges Geld. Nach seinem internationalen Leinwand-Durchbruch in Bernhard Wickis Antikriegsfilm „Die Brücke“ (1959), erst recht nach seinem Auftritt 1972 im mit acht Oscars ausgezeichneten Musicalfilm „Cabaret“ an der Seite Liza Minnellis hätte dem schmucken Kerl mit der tadellosen Haltung auch eine große Hollywood-Karriere gelingen können: Wepper spielte in „Cabaret“ unter der Regie Bob Fosses den jungen Lebemann Fritz Wendel, der im Berlin von 1931 seine jüdischen Wurzeln verleugnet.

Doch als sich kurz darauf für Wepper die Chance für mehr hätte ergeben können, sagte dieser wahrheitsgemäß, dass ihn momentan noch seine Krimi-Verpflichtungen an Deutschland banden. Er hielt sich stets an Vereinbarungen. Antwort Hollywood: „Ok, forget it.“

Fritz Wepper (r.) in „Die Brücke“, 1959
Fritz Wepper (r.) in „Die Brücke“, 1959
Quelle: picture alliance/United Archives

Und so verkörperte Fritz Wepper beharrlich, nur manchmal etwas eindimensional, jene einmalige Mischung aus Staatsmann und bauernschlauem Provinzler, die das Publikum an ihm liebte, weil es vieles von sich selbst in ihm erkannte: etwas Durchschnittliches, Unaufgeregtes, sich Begnügendes und trotzdem bei Bedarf Renitentes. Trotz dieser bewährten Art schaffte er es, seinen Serienfiguren immer wieder neue komödiantische Facetten zu geben, schwang sogar als Elvis-Imitator die Hüften und zeigte auch keine Berührungsängste mit der Klatschpresse.

Ein Nahbarer war er, der an seinem Lieben und Leiden nicht naiv, sondern herzlich teilhaben ließ. Anders als sein Bruder Elmar ging Fritz auch niemals auf inneren Sicherheitsabstand zur Schauspielerei. Als Serien nach Jahrzehnten eingestellt wurden, übte er sich nicht, wie andere, in zur Schau gestellter achtsamer Zufriedenheit über das Gewesene, sondern gab seiner Enttäuschung über das Ende deutlich Ausdruck.

Gerade in dieser Zeit ist es gut, sich noch einmal beide Enden seines schauspielerischen Spektrums anzusehen: seine dienstbereite Behäbigkeit als ewiger Kommissar der zweiten Reihe, und sein junges, entsetztes, dreckverschmiertes Gesicht als Teenager in „Die Brücke“. Es ist unheimlich und unheimlich stimmig, dass Weppers jugendlicher Held heute aktueller wirkt als die netten, satten Kleinbürgertypen aus der Wohlfühlepoche des deutschen Fernsehens. Die ist mit Weppers Tod endgültig vorbei.

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