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Meinung Wochenrückblick

In diesen trüben Wassern fischen die Sozialdemokraten nun also wieder

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Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, informiert auf einer Pressekonferenz über die Konferenz der SPD-Fraktionsvorsitzenden in Halle/Saale. Die Spitzen der Fraktionen haben sich in Halle über aktuelle politische Themen unterhalten. +++ dpa-Bildfunk +++ Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, informiert auf einer Pressekonferenz über die Konferenz der SPD-Fraktionsvorsitzenden in Halle/Saale. Die Spitzen der Fraktionen haben sich in Halle über aktuelle politische Themen unterhalten. +++ dpa-Bildfunk +++
Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion
Quelle: picture alliance/dpa
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Rolf Mützenich, SPD-Fraktionschef und gelernter Friedenswissenschaftler, möchte den Krieg gegen die Ukraine „einfrieren“ und den „Konflikt“ „in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt“ „überführen“. Höchste Zeit zu überlegen, was das wohl heißen soll.

Germany proudly presents: Rolf Mützenich. Der Prototyp des sozialdemokratischen Parteisoldaten hat ein Wort gesprochen. Seit vergangenem Wochenende, an dem der Verbrecher Putin sein irrsinniges Theater der Lüge und Repression veranstaltete, das immer noch zahlreiche Medien weltweit als „Wahlen“ bezeichnen (wie man diesen Verbrecher auch weiterhin als „Präsidenten“ tituliert), also seitdem macht Mützenichs Wort vom „Einfrieren“ des Ukraine-„Konflikts“ die Runde.

Einfrieren: Macht man das nicht, um die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern, würde die schwäbische Hausfrau fragen und nicht verstehen, was das bei einem Krieg sagen soll. Man friert das Hühnchen ein und holt es bei Bedarf wieder heraus, um es aufzutauen, zu grillen. Wie geplant.

„Begrifflichkeiten, die ich entlehnt habe, die vom ‚Einfrieren‘ sprechen“

Mit seiner Idee, den Ukraine-Krieg einzufrieren, hat SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bisher vor allem die Koalitionspartner gegen sich aufgebracht. Jetzt bekommt er auch Gegenwind aus der eigenen Partei. Am Rande der heutigen SPD-Fraktionssitzung gab Mützenich nun eine Pressekonferenz.

Quelle: WELT TV

Wollte Mützenich das Wort nach Kritik zurücknehmen? „Nein, das möchte ich nicht. Ich bin in den Sozial- und Friedenswissenschaften ausgebildet. Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt.“ Das benötige natürlich die Zustimmung beider Kriegsparteien, was man nicht von außen diktieren könne. Selbst wenn man Mützenich Redlichkeit unterstellt, ist nichts anderes zu hören, als der Wunsch nach „Überführung“ der Ukraine in die Kapitulation.

Wedeln mit der Fahne

Das „Einfrieren“ ist somit dem Wedeln mit der päpstlichen weißen Fahne gleichzusetzen. Und beide wollen es nicht so gemeint haben, den Trick kennt man. Wenn dann auch noch das Putinliebchen Schröder lobende Worte findet und der Kanzler, kein Meister starker Worte, die Taurus-Debatte, für deren Verlauf allein er verantwortlich ist, herablassend „lächerlich“ und „peinlich“ nennt, wird klar, hier finden Neuverortungen statt. Zu den Claqueuren gehören Wagenknecht, die AfD und Restbestände der Linken. In diesen trüben Wassern fischen die Sozialdemokraten nun also wieder.

All das mag an Chamberlain erinnern, aber: Wo ist der neue Churchill? Denn als seriöser Politiker sollte man angesichts der Not der Ukraine gerade nicht den Launen und ängstlichen Stimmungen der Bevölkerung folgen, sondern einen strategischen Sinn für die weltpolitische Relevanz seines Handelns haben. Das war auch das Signal des jüngsten Verteidigungsminister-Treffens von Ramstein. Der Kampf gegen Russlands geopolitische Gier muss weitergehen. Auch wenn die „Einfrierer“ unter uns sind.

Es sind Zwischenrufe aus ungewöhnlicher Ecke, die inspirieren. Wie der Brief des 88-jährigen Unternehmers Reinhold Würth an seine Belegschaft. Er warnt vor der Wahl der AfD aus einer Laune heraus, denn sie bedeute „Demokratur“: „Wir haben solche Freiheit. Jeder kann sagen ‚Bundeskanzler Scholz ist ein Dummkopf‘ und wandert dafür nicht für zwei Wochen oder ein halbes Jahr in das Gefängnis“.

„Trotzdem das eine oder andere positive Gesetz“

Der Mann, der als Kind den Nationalsozialismus erlebte, hat einen schönen Humor. Es sei „wunderbar, dass unser Deutschland eine Ampelregierung aushalten kann, die in vielen Teilen wie ein Hühnerhaufen durcheinander rennt und doch trotzdem das eine oder andere positive Gesetz auf den Weg bringt“, schreibt Würth. Dennoch sei er sich sicher, dass die Ampel bei der nächsten Wahl abgewählt werde – und dann „ohne zu murren“ abtrete, betont Würth.

„Schätzen wir wieder, was wir haben: eine Familie, einen Arbeitsplatz, ein Auto, eine Wohnung oder ein Haus, Urlaubsziele, absolute Bewegungs- und Reisefreiheit und die politische Vielfalt der demokratischen Parteien.“ Ob der Appell zur Besinnung reicht? Mir hat dieser ordentliche Schuss common sense gefallen.

Und dann Banksy. Ist dieser Baum tot, der kahl vor einer Londoner Häuserwand steht, die der Street-Artist mit einem zerfließenden Grün besprühte und so dem Geäst von ferne die Anmutung einer Laubpracht gab? Nun wurde das Grün der Wand heimlich weiß überstrichen. Was das bedeuten mag, darüber kann man lange sinnieren. Indes fangen die Obstbäume zu blühen an. Richtig zu blühen, Banksy. Der Frühling kommt. Wie jedes Jahr.

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