WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Kultur
  3. Sprache: Wie ein Käseladen in Österreich den Gender-Duden widerlegt

Kultur Sprache

Wie eine Toilette im Käseladen den Gender-Duden widerlegt

Quelle: Josef Bayer
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Im österreichischen Dorf Andelsbuch können die Menschen noch Deutsch. Sie wissen, was das Wort „Kunde“ bedeutet. In der Duden-Redaktion weiß man es nicht mehr. Ein Linguistikprofessor erklärt es.

Im österreichischen Dorf Andelsbuch (Vorarlberg) scheinen die Menschen noch über stabile sprachliche Intuitionen zu verfügen. Anders kann man sich kaum erklären, wieso dort in einem Geschäft sowohl an der Tür zur Herrentoilette als auch an der Tür zur Damentoilette der Hinweis „Nur für Kunden“ erscheint.

Warum schreiben die Leute an die Tür zur Damentoilette nicht „Nur für Kundinnen“? Sie können doch davon ausgehen, dass dieser Raum nur für Frauen bereit steht. Diese Frage ergibt sich allerdings nur dann, wenn man sich dem Irrglauben der gendergerechten Sprachvorschriften hingibt, wonach das Substantiv Kunde ausschließlich auf Männer verweist. Die Autorität in diesen Dingen, „Das Wörterbuch der deutschen Sprache – Duden online“, definiert die Bedeutung jenes Worts wie folgt: „männliche Person, die [regelmäßig] eine Ware kauft oder eine Dienstleistung in Anspruch nimmt [und daher in dem Geschäft, in der Firma bekannt ist].“

Diese Definition ist erstmal schon viel zu eng, denn davon, dass ein Kunde jemand sein muss, der regelmäßig in einem Laden einkauft oder dem Geschäft oder der Firma gar bekannt sein muss, kann gar nicht die Rede sein. Wie könnte es in einem solchen Fall zu dem Wort Laufkundschaft kommen? Laufkundschaft besteht ja nicht aus Käufern, die rennend in einen Laden gelangen, sondern in erster Linie aus Käufern, die zufällig an dem Laden vorbeikommen und sich schnell noch mit etwas versorgen wollen.

Das hier relevantere Problem der Duden-Definition entstammt aber natürlich einer weiteren Einengung, nämlich der auf männliche Personen. Laut Duden wären alle Frauen, die nicht regelmäßig in dem Geschäft – es handelt sich übrigens um einen sehr empfehlenswerten Käseladen – einkaufen und dort bekannt sind, vom Besuch der Damentoilette ausgeschlossen. Männliche Einkäufer, die die geforderten Kundeneigenschaften mitbringen, wären hingegen auch auf der Damentoilette willkommen. Das muss man sich einmal vorstellen. Die Andelsbucher, die diese Schilder angebracht haben, werden durch das Duden-Wörterbuch und durch die Sprachvorschriften der vermeintlich Gendergerechten zu Hanswursten erklärt, die sich in elementaren Bereichen der sprachlichen Kommunikation nicht auskennen.

Maskulin ist nicht zwingend männlich

Dreimal dürfen nun alle raten, wer in Wirklichkeit die Deppen sind. Mein Tipp: Die Andelsbucher sind es jedenfalls nicht.

Das Beispiel ist ein weiterer schlagender Beweise dafür, dass maskuline Personenbezeichnungen nicht zwingend auf männliche Personen referieren, sondern als lexikalische Einheiten in ihrem Bezug auf das natürliche Geschlecht frei sind. Es ist schlimm, dass diese einfache linguistische Tatsache derzeit allenthalben und nicht zuletzt sogar durch den Duden ignoriert wird.

Josef Bayer ist Professor emeritus für Allgemeine und Germanistische Linguistik an der Universität Konstanz.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema