WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Kultur
  3. Film
  4. „Saltburn“: Begeisterung und Fremdscham – Der Film, der die Geister scheidet

Film „Saltburn“

Der kontroverseste Film 2023

Redakteurin im Feuilleton
Oliver Quick (Barry Keoghan) sehnt sich nach mehr Oliver Quick (Barry Keoghan) sehnt sich nach mehr
Oliver Quick (Barry Keoghan) sehnt sich nach mehr
Quelle: Amazon Prime Videos
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Die einen feiern ihn, die anderen können kaum fassen, welche Peinlichkeit prominente Schauspieler hier verzapfen. Der Film „Saltburn“ provoziert und scheidet die Geister – was nicht nur an den Körperflüssigkeiten liegt, die der Adel und diejenigen, die es werden wollen, schlürfen.

Von der Regisseurin des besten Films des Jahres 2020 stammt der kontroverseste Film des Jahres 2023. Kontrovers im doppelten Sinne. Einerseits, was die Qualität betrifft – die einen halten ihn nämlich für so grottenschlecht, dass es eigentlich als eigenes Kunststück gelten darf, nach einem Meisterwerk wie der MeToo-Rachekomödie „Promising Young Woman“ eine so krachende Enttäuschung wie „Saltburn“ (auf Deutsch: „Salzbrand“) hinterherzuschieben.

Lesen Sie auch

Dass „Saltburn“ von Emerald Fennell, immerhin Oscar-Preisträgerin, in Deutschland keinen Kinoauftritt erhält, sondern lediglich ab dem 22. Dezember auf Amazon Prime zu sehen ist, deutet auf solch eine Einschätzung auch von Vertriebsseite hin. Die „New York Times“ nannte den Film eine „Peinlichkeit“. Doch der Arthouse-Schocker hat auch seine Fans – und das nicht nur auf TikTok, wo seit Wochen die provokantesten Szenen lebhaft diskutiert werden: Zwei Darsteller erhielten für ihre „Saltburn“-Auftritte bereits Nominierungen für die Golden Globe Awards 2024, der Hauptdarsteller Barry Keoghan („The Banshees of Inisherin“) und die Nebendarstellerin Rosamund Pike („Gone Girl“).

Privilegiert und naiv: Elsbeth Catton (Rosamund Pike)
Privilegiert und naiv: Elsbeth Catton (Rosamund Pike)
Quelle: Amazon Prime Videos

Seinen kontroversen Ruf hat sich Fennells zweiter Spielfilm jedoch nicht nur aufgrund der gemischten Rezeption eingehandelt. Weiterhin sind es die über zwei Stunden verteilten Sexszenen, die verstören oder sich zumindest zwanghaft um diese Wirkung bemühen: Wenn beide Partner beim Sex genüsslich an ihrem Menstruationsblut lecken, mutet das vielleicht noch weniger neu an; doch wenn er nackt auf dem Grab eines Verstorbenen liegt, erst herzerschütternd weint und dann die aufgeschüttete Erde penetriert, oder wenn er gierig die letzten Tropfen in der Badewanne ausschlürft, in die sein Schwarm zuvor ejakuliert hat, dann muss man diesen Einfällen schon eine gewisse Originalität zugestehen.

An dieser Stelle finden Sie Inhalte von Drittanbietern
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.

Aber nun endlich zu dem, was sich als Plot ausgibt: der arme Student Oliver Quick (Barry Keoghan) freundet sich in Oxford mit dem reichen Erben Felix Catton an (Jacob Elordi, der aktuell auch in Sofia Coppolas „Priscilla“ als Elvis Presley brilliert). Von letzterem wird er in sein Landhaus Saltburn eingeladen, wo allerlei prominente Familienmitglieder durch Labyrinthe stolzieren und sich in Seidenbetten räkeln. Da sind unter anderen Carey Mulligan als Freundin (oscarnominiert für „Promising Young Woman“), Rosamund Pike als Mutter, Alison Oliver als Schwester und Richard E. Grant als Vater. Oliver wickelt sie alle um den Finger. Schnell wird er, der aus schwierigen Verhältnissen stammende Halbwaise, von den Adligen aufgenommen wie ihr eigener Sohn. Doch wie lange kann die Idylle gut gehen? Länger als einen Sommer?

Luxussommer auf dem britischen Anwesen Saltburn
Luxussommer auf dem britischen Anwesen Saltburn
Quelle: Amazon Prime Videos

Charles Dickens und Patricia Highsmith zitierend, wird die opulente Klassensatire, die zwar mit überraschenden Twists und einem pompösen Finale aufwartet, ihren Vorbildern kaum gerecht: Zu wenig interessiert man sich für die Psychologie der Figuren, zu dilettantisch wirken Dialoge, Spannungsaufbau und Erzählführung. Am Ende bleibt der Eindruck, einen ungelenken Erstlingsversuch eines Filmstudenten gesehen zu haben, der zufällig die begabtesten Schauspieler seiner Zeit kennt und es trotzdem nicht geschafft hat, etwas anderes aus ihnen herauszuholen als gelangweiltes Seufzen und erotisches Stöhnen.

Auf TikTok hat ein Nutzer unter dem viel geteilten Badewannenclip gefragt, ob Felix und Oliver eine schwule Beziehung führen. Ein anderer Nutzer kommentierte darunter: „Die Antwort wird dir nicht gefallen, aber: Es ist kompliziert“. Jene in vielerlei Hinsicht exemplarische Aussage könnte in anderen Fällen für einen Film sprechen – in diesem kaschiert sie nur die Faulheit der Regisseurin, einer vielversprechenden Idee gestalterische Tiefe und Entschiedenheit zu verleihen.

Der Film „Saltburn“ läuft ab dem 22. Dezember auf Amazon Prime.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema