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  3. Kunst: Vom Juwelenraub zur Kunstleidenschaft – Sammlung von Emily Fisher Landau wird versteigert

Kultur Kunstleidenschaft

Wie eine New Yorkerin zu ihrer millionenschweren Sammlung kam

Freier Mitarbeiter im Feuilleton
Picassos „Frau mit Armbanduhr“ Picassos „Frau mit Armbanduhr“
Höhepunkt der Sammlung von Emily Fisher Landau: Picassos „Frau mit Armbanduhr“
Quelle: Alexi J. Rosenfeld/Getty Images for Sotheby's
Mit dem Sammeln von Kunst begann Emily Fisher Landau erst, als ihre Diamanten weg waren. Dann aber legte sie richtig los. Unter ihren Schätzen, die jetzt versteigert werden, ist auch ein Picasso aus seinem besten Jahr.

„Diamonds Are a Girl’s Best Friend” sang Marilyn Monroe im Jahr 1953. Das muss sich auch Martin Fisher gedacht haben, denn seiner Frau Emily schenkte der New Yorker Immobilienunternehmer zu jedem Geburtstag, zu Jubiläen und immer mal wieder einfach so: Juwelen. Wertvolle Schmucksets, Halsketten, Ringe und Armbänder, besetzt mit Smaragden, Rubinen, Saphiren und Brillanten, darunter ein 39-karätiger Solitär.

Die Juwelenbegeisterung allerdings fand ein jähes Ende, als an einem Frühlingsnachmittag des Jahres 1969 bewaffnete Räuber im Apartment der Fishers in der Upper East Side von Manhattan einstiegen, den Koch fesselten, den Tresor aufbrachen und das ganze Geschmeide stahlen. Diamanten waren danach kein Thema mehr für Emily Fisher.

Aber der Raub – genauer gesagt: die erkleckliche Entschädigung durch die Versicherung – war der Funke für eine neue Leidenschaft. Zeitgenössische Kunst sollte es nun sein. Die hatte sie zwar schon vorher gesammelt (ihr erstes großes Stück war ein Mobile von Alexander Calder), aber mit dem plötzlichen Geldsegen konnte sie nun wirklich ernsthaft einsteigen ins neue Hobby.

Emily Fisher Landau (1920 bis 2023)
Emily Fisher Landau (1920 bis 2023)
Quelle: Dario Cantatore/Getty Images

Besonders Gemälde hatten es Emily Fisher angetan. Vielleicht, weil sie selbst einmal Malerin werden wollte. Ihr Vater hatte sie aber statt an der Kunstakademie in einer Sekretärinnenschule angemeldet.

Jahre des Kaufrauschs

Die geometrisch-abstrakten Gemälde von Josef Albers, die sie in der Pace Gallery sah, waren die Initialzündung für die Sammlerin Emily Fisher. Mit dem Galeristen Arne Glimcher – der ihr sogleich drei Bilder von Pablo Picasso, Jean Dubuffet und Fernand Léger vermittelte – verband sie bald eine enge Geschäftsbeziehung.

Jahre des Kaufrauschs sollten folgen, sagte sie später einmal. Fisher kaufte Kunstwerke von Henri Matisse, Piet Mondrian, Hans Arp, Mark Rothko, Jasper Johns, Franz Kline und Louise Nevelson. Über die abstrakte Bildhauerin lernte sie die Arbeiten von Robert Rauschenberg und Andy Warhol kennen.

Robert Rauschenberg, „Sundog“, 1962
Robert Rauschenberg, „Sundog“, 1962
Quelle: Sotheby's/© VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Der Tod ihres Mannes 1976 unterbrach die Passion für die Gegenwartskunst für ein paar Jahre. Um 1980 lernte Emily Fisher den Designer Bill Katz kennen. Er ermunterte sie, nicht nur die mittlerweile klassisch gewordenen abstrakten Expressionisten, Minimalisten und Pop-Artists zu sammeln, sondern sich auch jüngeren Künstlern zuzuwenden. Und so geschah es.

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Fisher, die 1978 den Kleidungsfabrikanten Sheldon Landau geheiratet hatte, interessierte sich mehr und mehr für die Persönlichkeiten hinter der Kunst. Sie begann sich von der Kunstkäuferin zur Mäzenin zu wandeln, förderte Künstler wie Ed Ruscha, Mark Tansey oder Glenn Ligon, aber auch öffentliche Museen.

Im Ankaufskomitee des Whitney Museum of American Art saß sie für Jahrzehnte, und im Jahr 2010 schenkte sie dem Museum rund 400 Kunstwerke aus ihrer Sammlung. Seit den 1980er-Jahren bis 2017 zeigte sie Ausstellungen zudem im eigenen Fisher Landau Center for Art in Queens.

Jasper Johns, „Flags“, 1986
Jasper Johns, „Flags“, 1986
Quelle: Sotheby's/© VG Bild-Kunst, Bonn 2023
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In ihren letzten Lebensjahren von familiären Schicksalsschlägen und der Alzheimer-Krankheit geplagt, starb Emily Fisher Landau am 27. März 2023 im Alter von 102 Jahren. 120 Werke aus ihrer Sammlung werden nun von Sotheby’s in New York versteigert.

1932 – Picassos „annus mirabilis“

Dem Auktionshaus gehört seit wenigen Monaten auch das Breuer Buidling, das einst die Heimat des Whitney Museums war. Ab 2025 soll es das Hauptquartier von Sotheby’s werden. Die vierte Etage des von Marcel Breuer entworfenen Gebäudes ist nach Emily Fisher Landau benannt. Ihr Vermächtnis unter den Hammer zu bringen, ist vom ältesten Versteigerer der Welt also mit großen Erwartungen verknüpft.

Besonders ein Kunstwerk steht im Fokus der Aufmerksamkeit: „Femme à la montre“ von Pablo Picasso, für das ein Zuschlag unter 120 Millionen Euro wohl eine herbe Enttäuschung wäre. Warum? Das Gemälde stammt aus dem Jahr 1932, in dem Picasso nicht nur quantitativ besonders produktiv war, sondern auch qualitativ auf dem Gipfel seiner Schaffenskraft – 1932 war das „annus mirabilis“, wie es der Picasso-Biograf John Richardson nannte. Und auf Wunder hoffen nicht nur Auktionatoren immer wieder.

Picasso war 50 Jahre alt, der berühmteste lebende Künstler, strotzend vor Selbstbewusstsein. Und er hatte mal wieder eine neue „Muse“. Marie-Thérèse Walter hieß sie und wurde praktisch täglich von ihm porträtiert. Picasso malte sie, zeichnete sie, modellierte sie in Ton und Gips, in allen Stilen, die er draufhatte. Er malte seine Geliebte im Liegen, beim Schlafen, mit Buch, am Schreibtisch, in Gedanken versunken und auch mal um zwanzig Minuten vor fünf.

Pablo Picasso, „Femme à la montre“, 1932
Pablo Picasso, „Femme à la montre“, 1932
Quelle: Sotheby's/© Succession Picasso/VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Marie-Thérèse erscheint auf dem im August 1932 gemalten Bild „Femme à la montre“ in plakativ-geometrischen Kurven. Ihr Blick ist auf den Betrachter gerichtet. Ihr Gesicht, halb en face, halb frontal dargestellt, deutet zugleich Sonne und Mond an. Vor dem leuchtend blauem Hintergrund und dem Knallrot ihres Sessels erscheint sie wie eine Madonna – mit Armbanduhr.

Die Baseler Galerie Beyeler hatte das Gemälde von Picasso 1966 selbst erworben und zwei Jahre später an die New Yorker Pace Gallery verkauft. Dort erstand es Emily Fisher im selben Jahr – wohl als eines jener drei Kunstwerke, die einst das Feuer ihrer Sammelleidenschaft entzündeten. Die Gesamtschätzung der Lose, die am 8. und 9. November 2023 versteigert werden, beläuft sich auf gut 400 Millionen Dollar.

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