Das Modell „Doppelspitze“ bei der Berlinale ist gescheitert. Vor fünf Jahren unter Kulturministerin Monika Grütters eingeführt, mit Carlo Chatrian als künstlerischem Leiter und Mariette Rissenbeek als gleichberechtigter wirtschaftlich Verantwortlicher, wird es nun wieder eine „Intendanz“ geben, wie zuvor zu Zeiten von Dieter Kosslick. Das bedeutet zugleich, dass nicht nur Rissenbeeks Vertrag nach fünf Berlinale-Ausgaben nicht verlängert wird (was seit März bekannt war), sondern dass auch Chatrian im kommenden Februar zum letzten Mal das Programm der Festspiele bestimmen wird.
Auf einer Sitzung des Aufsichtsrats der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin (KBB) GmbH wurde beschlossen, „die Leitungsstruktur der Berlinale zu reformieren“. In den Worten der Vorsitzenden des Aufsichtsrats, der Kulturstaatsministerin Claudia Roth: „Die Gespräche, die wir in den vergangenen Monaten auf verschiedenen Ebenen mit zahlreichen Menschen geführt haben, die bei, mit oder für die Berlinale arbeiten, haben uns zu der gemeinsamen Überzeugung geführt, dass das größte Publikumsfilmfestival der Welt künftig wieder von einer Person geleitet und repräsentiert werden sollte.“
Das ist die freundliche Version der Bilanz. Insider sprechen auch von einer „Dysfunktionalität“ der Struktur, die ein effektives Arbeiten erheblich behindert habe. Noch einmal Roth: „Die notwendigen Entscheidungen zur Modernisierung der Berlinale, zur Zukunftssicherung und Nachhaltigkeit sollten nun wieder in einer Hand liegen, um die Berlinale als Publikumsfestival in der Bundeshauptstadt weiterzuentwickeln und in der Liga der internationalen A-Filmfestivals zu stärken.“ Der Rang der Berlinale „in der Liga der internationalen A-Filmfestivals“ hat in den vergangenen Jahren erheblich gelitten.
Es soll nun möglichst schnell eine Findungskommission eingesetzt werden, mit voraussichtlich fünf Personen. Die Vorsitzende steht bereits fest: Claudia Roth. Das Land Berlin dürfte darin vertreten sein, desgleichen die deutsche Filmwirtschaft und die Filmakademie. Eine offizielle Ausschreibung wird es wohl es nicht geben, was in gewisser Weise bedauerlich ist; darin hätte man festschreiben können, dass der/die Neue des Deutschen in Schrift und Sprache mächtig sein muss.
Wohl keine Ausschreibung
Über die Zukunft von Rissenbeek und Chatrian ist wenig bekannt. Chatrian soll seine Bereitschaft bekundet haben, „konstruktive Gespräche über eine künftige Rolle im neuen Team der Berlinale“ zu führen. Das könnte bedeuten, dass er die von ihm eingeführte Reihe „Encounters“ weiter kuratiert und nicht als neuer Chef zur Filmbiennale in Venedig geht, wie in letzter Zeit spekuliert wurde.