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Kunst Selbstsucht

Als Max Beckmann seine Eitelkeit ablegte

Max und Quappi Beckmann in Zandvoort, 1934/35 Max und Quappi Beckmann in Zandvoort, 1934/35
Max und Quappi Beckmann in Zandvoort, 1934/35
Quelle: Bayerische Staatsgemälde- sammlungen, Max Beckmann Archiv, Max Beckmann Nachlässe
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Max Beckmann malte sich stets selbstbewusst und souverän. Seine künstlerische Selbstbefragung fiel grundsätzlich positiv aus – bis 1936. Ein kleines Selbstbildnis aus seiner Zeit in Baden-Baden erzählt nun davon, wie sich die Repression der Nazis auf seine Psyche auswirkten.

Striche wie Schnitte. Als sei der Bleistift ein spitzes Messer und grabe sich ein in die Lederhaut des Gesichts. Max Beckmann ging nie schonend mit sich um. Aber dass er unzufrieden mit seinem Selbstbild gewesen wäre, ließe sich schwerlich behaupten. Der Mann hatte eben ein klares Bild von sich, sah sich als feiner Herr, überzeugter Raucher, anders hat er sich nie gemalt, und gemalt hat er sich dauernd: schulterstark, stimmgewaltig, kampfbereit.

Max Beckmanns „Selbstbildnis“ von 1936 für 68.000 Euro
Max Beckmanns „Selbstbildnis“ von 1936 für 68.000 Euro
Quelle: Courtesy Thole Rotermund Kunsthandel

Immer wieder erstaunlich, diese beckmannsche Eitelkeit, in der Skepsis und Stolz zusammenfallen und die kritische Selbstbefragung nicht anders kann, als sich zufriedene Antworten zu geben. Umso auffälliger diese zornige Skizze (Bleistift auf Velin, aus einem Skizzenblock, 68.000 Euro) aus dem Jahr 1936, die jetzt im Kunsthandel von Thole Rotermund in Hamburg angeboten wird: wie ein Aufstand gegen die gepflegte Rolle, ein plötzliches Innehalten in der süchtigen Autospektion.

Die Emigration war alternativlos

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten hatte Max Beckmann seine Professur an der Städelschule in Frankfurt am Main verloren. Zusammen mit seiner Frau siedelte er nach Berlin über. Doch dort wurde der Direktor der Nationalgalerie, Ludwig Justi, entlassen und der Beckmann-Saal, den er eingerichtet hatte, aufgelöst. Und so dachte der Maler immer häufiger an eine Auswanderung in die USA. Dunkle Jahre, in denen sich Beckmann mehrfach zur Kur in Baden-Baden aufhielt. Es gibt rund zehn Bilder, die mit der Stadt in Verbindung stehen, sie sind alle erst im Rückblick in Berlin gemalt worden, unmittelbar vor der Emigration nach Amsterdam am 19. Juli 1937.

In Baden-Baden wohnte Beckmann im Hotel „Europäischer Hof“ mit Blick auf die Trinkhalle, wo die Kurgäste flanieren. Zwei mächtige Bäume umgeben von blühendem Gebüsch versperren die Sicht, markieren, dass es keine Teilhabe am Leben mehr gibt. Sehr wahrscheinlich, dass hier hinter den Gardinen die Zeichnung entstanden ist. Im auftrumpfenden Nationalsozialismus muss diese verletzte Virilität wie ein wehmütiger Gruß erscheinen: verkniffene, eingefallene Züge, aufgerissene Augen mit Korrekturspuren, hängende Mundwinkel, das vorstehende Kinn noch härter als auf den Selbstbildern, die das Werk bis zur Stunde begleitet haben.

Hans-Joachim Müller

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