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  4. Der neue „Tatort“ mit Wotan Wilke Möhring: Kiezdrama auf der Reeperbahn

Medien So wird der „Tatort“

Früher war auf der Reeperbahn mehr Kiez

Redakteur Feuilleton
Das Rotlichtmilieu war früher röter und roch schlechter: Julia Grosz (Franziska Weisz. l.) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring, 2. v. r.) ermitteln im Bordell Das Rotlichtmilieu war früher röter und roch schlechter: Julia Grosz (Franziska Weisz. l.) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring, 2. v. r.) ermitteln im Bordell
Das Rotlichtmilieu war früher röter und roch schlechter: Julia Grosz (Franziska Weisz. l.) und Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring, 2. v. r.) ermitteln im Bordell
Quelle: NDR/Christine Schroeder
Von Klischees umstellt und trotzdem wahrhaftig: „Die goldene Zeit“, der neue Fall für Kommissar Falke, erzählt von dem, was war auf der Reeperbahn und was aus ihr wurde. Und von einer ganz besonderen Freundschaft.

Beim letzten Mal, dass wir auf der Meile waren, roch es da schlecht, obwohl es im Kino war. Abgewrackte Menschen saßen in einer abgewrackten Kneipe. Einer von ihnen, Fritz Honka hieß der, schleppte regelmäßig betrunkene, alte Frauen heim, metzelte sie nieder und packte ihre Überreste mit Wunderbäumen in seine Schränke.

„Der goldene Handschuh“ hießen die Kneipe, der Roman von Heinz Strunk und der gar nicht so gute Film von Fatih Akin.

Als Kommissar Falke jetzt zurück kommt zur Meile, zur Reeperbahn, zum möglicherweise absurdesten Ort nicht nur in Hamburg, braucht es da keine Wunderbäume mehr. Die Reeperbahn riecht nicht mehr.

Osteuropäische Frauen werden mit Bussen in klinisch saubere Häuser gefahren und dann weiter. Sextouristen fliegen ein und aus. Auf den Straßen haben JunggesellInnenabschiedsgruppen einen Höllenspaß. Und alles gehört den Albanern.

ARD/NDR TATORT: DIE GOLDENE ZEIT, am Sonntag (09.02.20) um 20:15 Uhr im ERSTEN. Gefährlicher Auftrag für Matei (Bogdan Iancu (links)). Michael Lübke (Michael Thomas) sitzt mit im Auto. © NDR/Christine Schroeder, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter NDR-Sendung und bei Nennung "Bild: NDR/Christine Schroeder" (S2). NDR Presse und Information/Fotoredaktion, Tel: 040/4156-2306 oder -2305, pressefoto@ndr.de
Der Mörder und sein prekärer Freund: Matei (Bogdan Iancu, l.) und Eisen-Lübke (Michael Thomas)
Quelle: NDR/Christine Schroeder

Die Reeperbahn ist ein Freizeitpark. Und wer wissen will, wie furchtbar das ist, schaue sich „Die goldene Zeit“ an. Einen „Tatort“, der von der Gegenwart handelt und davon, wie Gespenster von damals in ihr zugrunde gehen.

Falkes goldene Zeit müssen die 80er gewesen sein. Da war Honka längst Geschichte. Und der alte Kiez war tot, wusste es aber noch nicht, glaubte sich noch groß.

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Jetzt hängt Pohl, der Kiez-Pate, dem mal alles gehörte, in einer fiesen Bude am Beatmungsgerät. Sein Sohn wird von einem 14-Jährigen, der wie die Sexarbeiterinnen aus dem Osten kam, niedergemetzelt.

Und „Eisen-Lübke“, der Sicherheitschef der Pohls war und Falke einst einweihte in die Kunst des Türstehens, den bewerfen die Albaner mit Pommes.

ARD/NDR TATORT: DIE GOLDENE ZEIT, am Sonntag (09.02.20) um 20:15 Uhr im ERSTEN. Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und Julia Grosz (Franziska Weisz) ermitteln wieder © NDR/Christine Schroeder, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter NDR-Sendung und bei Nennung "Bild: NDR/Christine Schroeder" (S2). NDR Presse und Information/Fotoredaktion, Tel: 040/4156-2306 oder -2305, pressefoto@ndr.de
Eine Form von Heimkehr für Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring). Julia Grosz (Franziska Weisz) hält ihn auf Kurs
Quelle: NDR/Christine Schroeder

Die wollten sich lustig machen über die Pohls, sagt Falke, damit, dass sie ein Kind zum Töten schickten. Falke kriegt, wie man im Rheinland sagt, das arme Tier, und fängt in einer ziemlich „Handschuh“-haften Kneipe wieder an, Hochprozentiges in Milch zu kippen.

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Kollegin Grosz hält ihn, so nüchtern, wie es eben menschenmöglich ist im Kiez, auf Kurs. Eisen-Lübke jagt den Kindkiller.

„Die goldene Zeit“ ist umstellt von Klischees. Man darf nicht so scharf darüber nachdenken, womit hier wirklich Geschäfte gemacht werden. Dafür schaut das „Tatort“-Debüt der hochbegabten 34-jährigen Münchnerin Mia Grübler sehr scharf auf das, was da zwischen den Figuren geschieht und mit der Nostalgie und der Menschlichkeit.

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Ein Herz hat „Die goldene Zeit“, das „Der goldene Handschuh“ nicht hatte. Es schlägt zwischen dem Eisen-Lübke und dem Kind, das er nicht töten kann.

Ein Post-„Pate“-Film. Ein Abgesang auf den Kiez. Ernüchternd. Traurig. Und gültig.

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