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Kultur Netflix-Serie „Fubar“

Papas gefällt das. Töchtern auch

Arnold Schwarzenegger ist Luke Brunner in „Fubar“ Arnold Schwarzenegger ist Luke Brunner in „Fubar“
Arnold Schwarzenegger ist Luke Brunner in „Fubar“
Quelle: 2023 Netflix, Inc.
Arnold Schwarzenegger spielt für Netflix in seiner ersten Serie. „Fubar“ heißt sie. Der 75-Jährige ist ein 65-jähriger CIA-Agent, der kurz vor seiner Berentung nochmal kurz die Welt retten muss. Er haut wieder heftig drauf. Vor allem auf seine eigenen Klischees.

Altern in Würde? Ziemlich schwierig, wenn man ein Alphamann war. Dass man im Verlauf seines Lebens Weisheit akkumuliert hat, nützt einem ja nichts bei den Menschen, die sich einbilden, ein amerikanischer Präsident müsse Vitalität ausstrahlen. Sprüche klopfen wie Wolfgang Kubicki: lange ganz lustig, aber irgendwann beginnt man es für Aufmerksamkeitsgeheische zu halten. Auf der Bühne rumhampeln wie Mick Jagger: bisschen zwanghaft, nicht wahr?

Man kann es auch so machen wie Arnold Schwarzenegger. Der Mann ist eine Legende. Jetzt baut er sie ab. Gerade hat er sich von Netflix zum „Chief Officer of Action“ ernennen lassen. Seine erste Großtat ist sein allererster eigener Serienauftritt, mit 75. Er spielt, weil er bei seinem Deal mit Netflix Wert darauf gelegt hat, sein Alter nicht zu verbergen, sondern offensiv auszuspielen, in „Fubar“ einen 65-Jährigen.

Dabei sieht er aus wie 64. Guter Körper, eindrucksvolle Muskeln, kantiges Gesicht. Diese steirische Eiche also verkörpert einen CIA-Agenten namens Luke Brunner, der gerade seinen letzten Einsatz hinter sich gebracht hat (eine fast beiläufige extralegale Hinrichtung von Menschenhändlern) und nach all den Jahren, in denen er sich selbst, seine Work-Life-Balance und seine Ehe für die Nation geopfert hat, den Ruhestand vorbereitet.

Er muss bloß noch sein Tarnunternehmen abwickeln, das Boot („kein Boot, sondern ein Schiff“, sagt er, aber natürlich ist es ein Boot), das er von der CIA zum Abschied bekam, neu lackieren, die geliebte Ex-Frau, die er ein Leben lang über seinen Beruf belog, an Deck holen und mit ihr in See stechen. Alles wird gut.

Doch wie das so ist nach dem Letzten Einsatz, man kennt das von Elton John oder den Rolling Stones: Es gibt immer noch einen wirklich Allerletzten Einsatz. Luke Brunner soll in Guyana einen Undercover-Agenten aus dem Camp eines Nuklearwaffendealers extrahieren, dessen Vater er einst über eine Klippe gestoßen hat – der Agent steht kurz vor seiner Enttarnung und muss vor der Hinrichtung gerettet werden. Klar macht Luke den Job.

Und muss feststellen, dass der Kollege seine eigene Tochter Emma ist, von der er bis eben noch dachte, sie wäre als Bewässerungsexpertin für eine NGO tätig und die er als violinspielendes Wunderkind in Erinnerung hat. Nun ist sie eine Killermaschine wie er. Noch dazu eine Frau, die schon Sex hatte, obwohl sie erst 28 ist. Und in ihrem Reisegepäck einen Lippenstift hat, der zu vibrieren beginnt, wenn man ihn falsch anfasst. Emma! Dass sie ihn verabscheut, weil er in ihrer Kindheit nie da war und ihr vorgemacht hat, ein Fitnessgeräteverkäufer zu sein, ist das Allerverständlichste an ihr.

Luke Brunner (Arnold Schwarzenegger, r.) und seine Truppe: Fortune Feimster als Roo Russell, Milan Carter als Barry Putt, Aparna Brielle als Tina Mukerji und Travis Van Winkle als Aldon Reece
Luke Brunner (Arnold Schwarzenegger, r.) und seine Truppe: Fortune Feimster als Roo Russell, Milan Carter als Barry Putt, Aparna Brielle als Tina Mukerji und Travis Van Winkle als ...Aldon Reece
Quelle: 2023 Netflix, Inc.

Die restlichen siebeneinhalb der acht Folgen von „Fubar“ erzählen eine Geschichte, deren Windungen und Wendungen man mühelos vorausahnt, wenn man ein paar Actionknaller und Actionkomödien gesehen hat: Seltsames Team, das aus lauter Inselbegabungen besteht, Jagd nach dem Bösewicht durch die ganze Welt, brachialer Einsatz von Flammenwerfern und automatischen Schusswaffen, Detonationen zur Unzeit, rettende Einfälle in allerletzter Sekunde, diabolische Monologe, zwischendurch ein bisschen Lingerie, und so weiter. Es ist eine bestens geölte Maschine, die so verlässlich funktoniert wie ein guter Dad, der jeden Abend beim Nachhausekommen zuerst sein kleines und dann sein großes Mädchen in den Arm nimmt.

Am allerbesten funktioniert Schwarzenegger. Das liegt nicht an seinem Körper, mit 75 bzw. 65 kann man nun einmal nicht mehr doppelte Rittberger einspringen. Es liegt auch nicht an seinen schauspielerischen Fähigkeiten, die sich in den vergangenen Jahren nicht vermehrt haben, sondern an seiner überragenden Intelligenz und einer realistischen Einschätzung der eigenen Stärken. Schwarzenegger hat begriffen, was ein 75-Jähriger mit der Rolle des Action-Helden machen sollte – gar nicht erst den Versuch unternehmen, sie auszufüllen, sondern sie so zerhauen wie früher der Terminator die Menschen.

Ein aus der Zeit gefallenes Fossil

Deswegen gibt es in „Fubar“ weniger Prügelsequenzen als Familienaufstellungen. Deswegen macht sich Schwarzenegger mit Karacho zu einem Vollhorst, der zum Beispiel nicht weiß, was ein Cuckold ist und sein Schiff nach der geliebten Ex-Frau „Tally Ho“ nennen will (bis ihm die Leute aus dem Team sagen, dass das eigentlich „Tally-Hure“ bedeutet), deswegen schimpft er mit seinem Mädchen, weil es den falschen Verlobten hat, deswegen nimmt er wirklich jede Gelegenheit wahr, zu demonstrieren, dass er ein aus der Zeit gefallenes Fossil ist.

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Die Kampfszenen in „Fubar“ sind so offensiv mit Bodydoubles gedreht (nie Gesicht und Körper gleichzeitig), dass jeder merkt, worum es hier geht: nicht um die glaubwürdige Simulation eines Mannes, der auch jenseits der Verrentungsgrenze die Welt rettet, sondern um den Spaß, die Konventionen und Klischess des Genres Actionkomödienserien zu zerhauen.

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Das wird in „Fubar“ mit einer Gründlichkeit getan, die man nur bewundern kann. Die Serie erfreut mit den nerdigsten Nerds, lesbischsten Lesben, lahmsten Namenswitzen, und mit den allerschlechtesten Jokes seit Thomas Gottschalks und Mike Krügers „Supernasen“. Sich so etwas zu trauen, erfordert 2023 ganz sicher mehr Mut als eine nukleare Kofferbombe zu entschärfen.

Einer wie Arnie hat es echt nicht mehr nötig, sich zu beweisen. Seinen Spaß findet er darin, die Legende der Vergangenheit zu zerdeppern. Für Dads ganz toll, weil sie gar nicht mitbekommen, wie sehr sich da einer lustig macht über sie. Für ihre Töchter auch. Weil sie acht Folgen lang mit den Augen rollen können über Papis Witze – und ihn dennoch richtig lieb haben können.

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