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Meinung Debatte um Kita

Geschenke am Muttertag? Bitte nicht abschaffen!

„Kein Tag der Lorbeeren“: WELT-Autorin Charlotte Szász „Kein Tag der Lorbeeren“: WELT-Autorin Charlotte Szász
„Kein Tag der Lorbeeren“: WELT-Autorin Charlotte Szász
Quelle: Archiv Charlotte Szasz
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Sollen Kinder noch Muttertags- und Vatertagsgeschenke basteln? Eine katholische Kita hat die Tradition abgeschafft – mit dem Argument, sie entspräche der Lebensrealität nicht mehr. Doch für mich als Mutter und Feministin hat dieser Tag genau deshalb eine Bedeutung.

Der Muttertag steht bevor, und was könnte es Schöneres geben zu seiner Feier als eine richtige Debatte. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban hat sich auf Twitter über eine katholische Kindertagesstätte beschwert, die in einem Elternbrief dargelegt hat, dass es dieses Jahr keine Bastelgeschenke der Kinder für ihre Eltern zum Mutter-, respektive Vatertag geben würde. Die Kita erklärt in ihrem Elternbrief, den Kuban als Foto öffentlich macht, man habe das Gefühl, dass „Blumen für die Mutter und Werkzeuge für den Vater“ nicht mehr zeitgemäß seien.

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Alles an Kubans Kommunikation ist zugegebenermaßen furchtbar. Die Adresse der Kita, die sich inzwischen ausführlich für ihren Elternbrief entschuldigt hat, wird genannt, eine interne Kommunikation veröffentlicht und ihr spezifisches Vorgehen an den Pranger gestellt. Das sensible Thema der Infragestellung von Geschlechterrollen führte dazu, dass in rechten Netzwerken jenseits von Twitter gegen die Einrichtung gehetzt wurde.

Was ist aber dran am von der Kita aufgeworfenen, eigentlichen Problem des Geschenkebastelns? Es werden also aus Diversitätsgründen die Bastelein für die Feiertage abgeschafft, von denen antizipiert wird, dass sich manche Menschen damit nicht mehr identifizieren können. Auf Twitter ist in der Kritik immer wieder der Begriff „gelebte Realität“ zu lesen.

Mehr als sexuelle Reproduktion

Warum man da nicht mit Weihnachten anfängt, scheint auf der Hand zu liegen. Anders als bei diesem Feiertag wird beim Mutter- und Vatertag auf eine bestimmte Identität verwiesen, die ein Elternteil gegenüber dem Kind einnimmt und die viel persönlicher ist als die Geburt Jesu. Es wird mit dem Begehen der Feiertage vorgegeben und implizit angenommen, dass die Elternteile sich immer auch mit ihrer Rolle in der sexuellen Reproduktion identifizieren können. Das scheint in der Tat nicht mehr zeitgemäß. Alle Lebensrealitäten sollen anerkannt werden, was zur Folge hat, dass man den einengenden Mutter- und Vatertag nicht mehr als für die Kita tragbar ansieht.

Wie schwer ist es aber wirklich, den veränderten Realitäten, von denen hier die Rede ist, gerecht zu werden? Wohingegen man bei zwei Müttern oder zwei Vätern einfach zwei Geschenke basteln könnte, ist es im Falle von Waisen oder Halbwaisen, bei von Großeltern und Verwandten betreuten Kindern natürlich schwieriger. Eine Entsexualisierung der Elternidentität, eben für bestimmte Betreuungspersonen, ist notwendig. Für andere aber gerade nicht.

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Es scheint damit eine freudlose Entscheidung, einfach ganz auf die Basteleien zu verzichten. Auf der Webseite katholisch.de ist zu der Debatte um die katholische Kita zu lesen: „Die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee, drückte es Papst Franziskus in ‚Evangelii Gaudium‘ aus, der zentralen Programmschrift seines Pontifikats.“ Aber stimmt das? Ist die Wirklichkeit wirklich wichtiger als die Idee?

Feier der Sorgearbeit

Für mich als Mutter ist der Muttertag eine Möglichkeit, mit meinem Kind Abstand zu nehmen von unserer „gelebten Realität“, in der wir uns tagtäglich befinden. Mein Kind kann über diesen Tag lernen, dass ich zu ihm in einer bestimmten Verbindung stehe, die für mich keine Selbstverständlichkeit ist. Um die französische Philosophin Simone de Beauvoir zu paraphrasieren: Niemand ist als Mutter geboren, man wird es.

Es ist für mich kein Tag der Lorbeeren, sondern die Abstraktion meiner Elternbeziehung zum Kind als „Mutter“, die meinem Kind die Gewordenheit der Tatsache deutlich machen soll, dass ich mich ihm mit meinem Leben in Teilen hingebe. Ich bin eben nicht nur Mutter. Den Mutter- und Vatertag abzuschaffen, anstatt sie zu transformieren, ist ein Ausweg, der die Debatte um die sich verändernden Familienbeziehungen bereinigt, aber das Problem nicht löst.

Aus einem feministischen Denken heraus sollte also ein Elterntag die Möglichkeit eröffnen, Sorgearbeit spielerisch mit den Kindern zusammen zu feiern und zugleich zu hinterfragen. So liegt es doch an den Erzieherinnen und Erziehern, dann eben keine geschlechtlich kodierten Geschenke zu basteln, sondern Elterngeschenke mit Sensibilität gegenüber der sich verändernden Gesellschaft und ihren Kindern zu gestalten. Man töpfert den Eltern heute ja auch keine Aschenbecher mehr.

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