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Diese Künstlerinnen sind nicht zu stoppen

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Das Museum Barberini hat nach der Attacke der Klimaaktivisten endlich wieder geöffnet. Die Ausstellung „Surrealismus und Magie“ feiert den emanzipierten Menschen als Zauberer. Über den Begriff des Surrealismus selbst wird man neu nachdenken müssen.

Das Ende der Welt ist nah. Dunkles Wasser steht der nackten Schönheit bis zur Brust. Pflänzlein welken, Tierschädel schwimmen, doch die Frisur sitzt tadellos. Das Gemälde „Die Enden der Welt“ von Leonor Fini aus dem Jahr 1949 ist eine von über 50 internationalen Leihgaben, die man in der Surrealismus-Ausstellung im Potsdamer Museum Barberini zu sehen bekommt, das zuletzt Aufsehen erregte, nachdem ein 110-Millionen-Dollar-Monet von Klimaaktivisten mit Kartoffelbrei beworfen worden war. Und das nun nach einer Woche Schließung hoffentlich unbehelligt bleibt. Die Künstlerinnen hätten es verdient.

Ihre Biografien haben nämlich bei aller Individualität auch etwas Typisches. Fini war eine in Argentinien geborene italienische Malerin, die sich in den 1920ern mit den Pariser Surrealisten anfreundete, von Henri Cartier-Bresson in einer berühmten Aufnahme nackt fotografiert wurde und den Zweiten Weltkrieg weitgehend in Monte Carlo verbrachte.

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Viele Künstler der Ausstellung „Surrealismus und Magie – Verzauberte Moderne“ balancierten entlang der Abgründe der europäischen Geschichte. Die Erfindung des Surrealismus als Bewegung ging auf die verstörenden Erfahrungen des Ersten Weltkriegs zurück. Ihr Vordenker André Breton wurde 1916 einberufen und pflegte als junger Mediziner traumatisierte Soldaten; Max Ernst war selbst an der Front, zugleich vertraut mit okkulten Ideen wie mit der Psychoanalyse.

Die Grauen des Zweiten Weltkriegs schienen die surrealistischen Künstler vorwegzunehmen – und vielleicht noch einige mehr. In den vergangenen Jahren hat der Surrealismus in den internationalen Ausstellungshäusern ein Comeback erlebt. Die gemeinsam mit der Guggenheim Foundation organisierte Schau „Surrealismus und Magie“ nimmt nun erstmals die Rolle des Übersinnlichen ins Visier. Das Barberini markiert dabei die zweite Station nach der Peggy Guggenheim Collection in Venedig. In Potsdam sind mit fast 90 Werken von 20 Künstlern aber noch einmal deutlich mehr zu sehen als in der Lagunenstadt.

Manches ist auf den ersten Blick schwer zu datieren. Leonor Finis Amazonen mit den wallenden Mähnen und den nackten Brüsten könnten auch aus einem italienischen Trashfilm der 1960er-Jahre stammen, gemalt wurden sie Anfang der 1940er. Demgegenüber wirken die Männer bei ihr oft wie Haremsdamen. Eine mit dem Bildgrund verschmelzende dunkle Sphinx wacht über den Schlaf eines Epheben, dessen Beine geöffnet sind, die Scham bedeckt von einem rosa Tuch – Gendertrouble im Zweiten Weltkrieg.

Das Interesse der Ausstellung aber gilt vor allem der Magie, also der vermuteten Allmacht der Gedanken, die sogar Materie beeinflussen kann. Für den Vordenker des Surrealismus, André Breton, war Magie kein esoterischer Aberglaube, sondern eine emanzipatorische Kraft, bei der wiederum der Frau eine zentrale Rolle zukam – wenn auch eine latent fragwürdige. Breton schaute wie viele andere Surrealisten eben nicht nur nach vorn, sondern auch zurück ins 19. Jahrhundert und damit hinein in die Romantik, in der Frauen mit einer naturnahen Irrationalität in Verbindung gebracht wurden, die beim männlichen Schaffenden besondere Kräfte entfesseln sollte. Was wie ein Nobilitierung klingt, ist eigentlich ein Othering: die Frau als mächtig lockendes Wesen, das keiner jemals ergründen kann, ist und bleibt eine klassische Männerfantasie. Besonders spannend ist in diesem Zusammenhang das in Potsdam gezeigte Werk der beiden befreundeten Künstlerinnen Leonora Carrington und Remedios Varo.

Varos Malerei, so der Katalog, „versinnbildlicht die Idee, dass wahre Emanzipation geistig und seelisch vom Individuum selbst ausgehen muss – ein Kerngedanke surrealistischer Philosophie“. Carrington wiederum porträtiert ihren zeitweiligen Partner Max Ernst als entrückten Wanderer im Federkleid, der einen eiförmigen Behälter spazieren führt – ein klassisches Fruchtbarkeitssymbol.

Bemerkenswert an der Schau ist die Bandbreite der Stile. Da gibt es die „Magnetischen Stürme“ eines Wolfgang Paalen, abstrakte Wucherungen in weiten Bildräumen aus den 1930ern, da sind die wie vom Computer gerenderten Objekte mit glatten Oberflächen eines Yves Tanguy, ebenfalls aus den 1930ern, und da ist auch Giorgio de Chirico mit seinen leeren Plätzen und metaphysischen Musen, bereits 20 Jahre früher. Weniger bekannt sind die komplexen architektonischen Fantasien eines Kay Sage oder Enrico Donati.

Was der Surrealismus war, darüber wird man noch einmal neu nachdenken müssen.

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Quelle: WELT / Viktoria Schulte

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