Pullach bei München möchte keine Schule mehr, die nach dem Kinderbuchautor Otfried Preußler (1923 bis 2013) heißt, das meldete die „FAZ“, und der Bayerische Rundfunk berichtete, dass sich Lehrer, Eltern, Schüler und zuletzt auch der Gemeinderat fürs Canceln des Namenpatrons Preußler ausgesprochen haben.
Das Kuriose: Das dortige Staatliche Gymnasium hatte sich erst 2013 in Otfried-Preußler-Gymnasium (OPG) umbenannt – in wohlfeiler Reaktion auf den Tod des Schöpfers von Klassikern wie „Räuber Hotzenplotz“, „Die kleine Hexe“ und „Krabat“? Hätte man noch zwei Jahre länger gewartet, hätte man wissen können, was jetzt stört: die Tatsache nämlich, dass Preußler als Hitlerjunge engagiert war, ein nationalsozialistisches Jugendwerk geschrieben und später verschwiegen hat: „Erntelager Geyer“, erschienen 1943, ist seit 2015 bekannt.
Das war Thema auch in den diesbezüglich eher milden Preußler-Biografien von Carsten Gansel („Kind einer schwierigen Zeit“) und Tilman Spreckelsen („Otfried Preußler. Ein Leben in Geschichten“). Dass Preußler als Teenager ein Nationalsozialist war, hat ganz wesentlich mit seiner sudetendeutschen Sozialisation im tschechischen Reichenberg (heute Liberec) zu tun.
Und „Krabat“?
Laut „Bild München“ kritisiert der Pullacher Schulleiter, dass Preußler sich von seiner nationalsozialistischen Jugend nie distanzierte. Dass der Schriftsteller in einer Zeit lebte, die noch keine Social-Media-Logik der ständigen Statements kannte, dass er Angehöriger einer Generation war, deren Scham durch „kommunikatives Beschweigen“ Geschichte geschrieben hat, dass sein Meisterwerk „Krabat“, an dem er gesundheitlich fast zerbrochen wäre, Ausdruck einer literarischen Auseinandersetzung mit der Verführbarkeit der (eigenen) Jugend ist – all das könnte lehrreich am Namenspatron einer Bildungsstätte sein.
Angeblich 22 Schulen in Deutschland heißen laut Wikipedia nach Otfried Preußler. Man kann nur hoffen, dass das plumpe Pullach nicht Schule macht.