WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Kultur
  3. Pumuckl: So gut funktionieren die neuen Geschichten ohne Hans Clarin

Kultur Zeichentrickfilmlegende

So gut funktionieren die neuen Geschichten vom Pumuckl

Redakteur Feuilleton
Florian Brückner und der Pumuck Florian Brückner und der Pumuck
Florian Brückner und der Pumuckl
Quelle: Constantin Film Verleih
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Mehr als dreißig Jahre nach dem Ende der Serie um den Schreinermeister Eder und sein kauziges Klabautermännlein gibt es jetzt neue Geschichten. Doch wie kann es ein Leben für den Pumuckl geben, seit dem Tod des Sprechers Hans Clarin? Die KI machts möglich.

Es war einmal ein wildes Männlein, dem sind wir alle auf den Leim gegangen. Es war klein, es hatte ein gelbes Hemd und eine grüne Hose an und feuerrote Haare auf dem Kopf. Damals, ab Mitte der Sechziger, als es die Bibi Blocksberg noch nicht gab und auch nicht das Sams.

Die Bayern waren noch kein Rekordmeister. Bayrisch konnten wir noch gar nicht. Das lernten wir dann mit den Kassetten vom Pumuckl, wie wir das Detektivspielen von den drei ??? lernten.

Dass Pumuckl die süddeutsche Niedlichkeitsform vom Nepomuk ist, war uns unter unserer Pumuckl-Decke mit der Pumuckl-Tasse auf dem Nachttisch so herzlich egal (nur der Pumuckl-Käse nicht, der war nämlich wirklich eklig), wie die Angst unserer Eltern, wir könnten selbst verpumuckeln.

Lesen Sie auch

Der Kobold mit dem Bäuchlein – eine Erfindung der Schriftstellerin Ellis Kaut und der Zeichnerin Barbara von Johnson – passte nämlich als bajuwarische Pippi prima in die Zeit, war anarchisch, ließ sich nicht einhegen und verwurstete allen die Worte im Munde, noch bevor sie ihnen überhaupt auf der Zunge lagen.

„Was sich reimt, ist gut“, krähte Poetryslammer avant la lettre in die herrlich ranzige Hinterhofschreinerei seines Meisters Eder. Eine bessere Schule fürs Dolldenken und Sprachdurchdrehen konnte es Sechsjährige kaum geben.

Das war vor fünfzig Jahren. Und weil Filmproduzenten, Drehbuchautoren, Regisseure allmählich in ein Alter kommen, in dem sie merken, dass sie ihren Kindern und Enkeln von Grund auf erklären müssen, was sie geprägt hat, weil auf einmal Winnetous Abenteuer neu verfilmt werden und die der ???, klabautert nun auch der Feuerkopf wieder durch die vormaligen Münchner Arbeiterviertel Lehel und Haidhausen. Und über die Kinoleinwände und Fernsehbildschirme.

34 Jahre nach dem Finale der 52-teiligen Pumuckl-Serie mit Gustl Bayrhammer als Eder und Hans Clarin als Pumuckls Stimme, nach eher schlechten Kinofilmen und unzähligen Hörspielen und Büchern, am Ende einer endlosen Pumuckl-Verwertungskette.

Die Plautze des Klabauters

Für die neuen Abenteuer des kleinen Schreihalses, die vom Bayernfilmexperten und Pumucklianer Marcus H. Rosenmüller verfilmt wurden, hat man Eders im Original lange abgerissene Holzschrauber-Etablissement liebevoll nachbauen lassen. Jeder Boomer fühlt sich sofort zu Hause in den Geschichten. Und man hat auch ansonsten alles unterlassen, dieses Heimatgefühl zu stören. Triggerwarnungen muss man keine rausschicken.

Das ist so selbstverständlich nicht. Zum einen gab es mal einen Versuch, den Pumuckl, weil er ja ein Rolemodel sein könnte für die Kinder, schlank zu machen und ihm seine Klabauterplautze wegzuretuschieren. Zum andern belegte vor nicht allzu langer Zeit Amazon Prime, wo alle Pumuckl-Abenteuer zu streamen waren, ein paar von ihnen mit einer Warnung für unter Zwölfjährige, weil in den Folgen Bier getrunken, unflätig geschimpft und geprügelt wurde – also ganz normales bayrisches Leben stattfand.

Anzeige

Beides brachte die Denkverbote hassende antiautoritäre Pumucklgemeinde ziemlich in Rage. Inzwischen ist alles wieder gut. Prime hat eingelenkt. Und das Klabauterbäuchlein wird weiter nur unzureichend vom gelben Hemdchen im Zaum gehalten.

Lesen Sie auch

Für die neuen Folgen – die ersten drei werden hintereinander ab jetzt sozusagen als Kinofilm gezeigt, insgesamt sind 15 gedreht worden, sie laufen ab November bei RTL+ – wurde der Pumuckl anders als seine brave Schwester, die Biene Maja, und Wickie, der forsche Filmgeschichtsgeschwister aus dem Norden, auch keiner glättenden, alles rundgelutscht erscheinen lassenden 3D-Behandlung unterzogen. Der Pumuckl, wie er auftaucht, verschwindet, herumhüpft, hat noch den gleichen hölzernen Handwerkercharme wie damals in den Sechzigern.

Das wir in der Gegenwart sind, ist trotz der leicht nostalgisch milchigen Farben unmissverständlich, wird aber im weiter langsamen Fluss der Erzählung nicht über Gebühr betont. Franz, der Meister Eder, ist seit 30 Jahren tot (wie Gustl Bayrhammer, der ihn spielte). Die verstaubte Werkstatt soll nun endlich verkauft werden (dass eine Immobilie in München mehr als dreißig Jahre leer steht, ist zwar ungefähr so wahrscheinlich wie die Existenz prinzipiell unsichtbarer Kobolde oder des Fliegenden Spaghettimonsters, aber egal).

Lesen Sie auch
BR digitalisiert alte Filme
Schimmelpilz im Film-Archiv

Der Florian (Florian Brückner), Eders Neffe, und seine ziemlich geldorientierte Schwester sind die Erben. Weil es aber offensichtlich zwischen den Dielen und den Spinnweben spukt und der Florian, der im Heimwerkermarkt Holzbretter versägt, seine Liebe fürs Kreative wiederentdeckt, wird nichts aus dem Deal, der alle (wir sind mitten in München) fabelhaft reich gemacht hätte.

Und weil der Pumuckl so blöd war, einen Leimtopf umzuwerfen, auf dem Klebstoff klebenzubleiben und sich echauffiert hat und sichtbar wurde für den Florian, muss er jetzt – so will es das Koboldgesetz – beim Florian bleiben.

Hans Clarin wird ewig leben

Das gibt Hoffnung für etliche neue Geschichten. Die ersten drei handeln von Trauer (beim Eder Franz am Grab versucht der Florian dem Pumuckl zu erklären, wo der Eder Franz denn nun ist), von Kinderanarchie und Bürokratie, vom Erben und vom Schenken.

Jetzt hätten wir beinahe die größte Gefahr einer Pumuckl-Reanimation vergessen. Die ist viel wichtiger als der Koboldbauch, die sieht man nicht, die hört man bloß. Die Stimme des Klabauters gehörte Hans Clarin, Hans Clarin war der Klabauter. Der kiekste und juchzte und koboldete zwischen Kopf- und Bruststimme derart virtuos herum, dass ein Pumuckl ohne Clarin gar kein Pumuckl wäre.

Anzeige

Clarin starb nun allerdings vor 18 Jahren im Chiemgau. So wurde ausgerechnet der leicht verschnarchte bajuwarische Schreinerszauber zum Pionierprojekt für Künstliche Intelligenz. Es spricht im Prinzip der bayerische Kabarettist Maxi Schafroth den Pumuckl – bekannt aus Film und Fernsehen und von der Fastenrede beim traditionellen Derblecken auf dem Nockherberg –, und wenn man will, kann man ihn auf RTL+ auch hören.

Lesen Sie auch

Fürs Kino und die zweite Serientonspur wurde Schafroths Pumuckl allerdings durch die Akustikverwurstmaschine der KI geschickt, mit dem Ziel Schafroth lippensynchron mit dem Kobold wie Clarin klingen zu lassen. Das funktioniert geradezu beängstigend gut. Da geht knarrend die Tür zur Horrorkammer für die zumindest akustische Wiedererweckung aller möglichen verblichenen Schauspieler auf.

Die Erben von Hans Clarin fanden das übrigens gar nicht schlimm. Die wurden gefragt. Die versuchten nicht den vokalen Fußabdruck ihres Ahnen zu Geld zu machen. Sie glaubten, Clarin – aufgeschlossen für alles mit Technik, wie er war – hätte das toll gefunden.

Hurra, hurra, der Pumuckl ist wieder da. Möge er noch ein bisschen bleiben.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema