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Liebe und Gewalt

Papas Blick, wenn er sagt, dass er mich umbringt

Portrait of a woman Portrait of a woman
Quelle: Getty Images/Jonas Hafner
Suizidmöglichkeiten durchspielen, leicht bedudelt in die Sauna, die blauen Flecken der Mutter am Frühstückstisch. So sieht der Alltag einer seelisch zerschmetterten Siebzehnjährigen aus. Eine Erzählung über gewaltige Liebe.

Mama und Papa haben mich vor ein paar Wochen aus der Schule genommen. Das Mädchen hat den Geist aufgegeben, aber zum Psychologen hat mich niemand geschickt. Die wissen schon, warum. Mama sagt, wir dürfen keinem was erzählen, sonst verlieren sie ihre Zulassung als Anwälte, und dann wird nichts besser, im Gegenteil. Ich bin manchmal so wütend auf Papa, dass ich ihn mir tot vorstelle. Verreckt im Straßengraben oder so, erwischt von einem zugedröhnten Raser bei Nacht.

Oder ich denke: Verprügle mich noch einmal richtig und ich gehe mit den blauen Flecken zum Jugendamt. Dann heule ich und denke: Papa, ich liebe dich! Was stimmt, ich bin sein Kind. Vielleicht hab’ ich sogar mehr von ihm als von Mama. Das ganze Wollen, Leiden, Brennen. Mama wollte nie was außer Harmonie und Hübschsein. Zu mir wurde Papa auch erst fies, als ich ihn im Kopfrechnen geschlagen habe. Trotzdem schaffe ich es nicht, meine Eltern zu verraten. Und ich lebe, ehrlich gesagt, schon auch lieber in einem Haus mit Garten als in einer Sozialunterkunft für Jugendliche aus gestörten Verhältnissen.

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