WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Kultur
  3. Sprache: Der „Mix“ – Warum plötzlich alle wie Barmänner reden

Kultur Sprachkritik

Der „Mix“ – Warum plötzlich alle wie Barmänner reden

Im Zweifel geschüttelt Im Zweifel geschüttelt
Im Zweifel geschüttelt
Quelle: picture alliance / Zoonar
Hier können Sie unsere WELT-Podcasts hören
Um eingebettete Inhalte anzuzeigen, ist deine widerrufliche Einwilligung in die Übermittlung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten notwendig, da die Anbieter der eingebetteten Inhalte als Drittanbieter diese Einwilligung verlangen [In diesem Zusammenhang können auch Nutzungsprofile (u.a. auf Basis von Cookie-IDs) gebildet und angereichert werden, auch außerhalb des EWR]. Indem du den Schalter auf „an“ stellst, stimmst du diesen (jederzeit widerruflich) zu. Dies umfasst auch deine Einwilligung in die Übermittlung bestimmter personenbezogener Daten in Drittländer, u.a. die USA, nach Art. 49 (1) (a) DSGVO. Mehr Informationen dazu findest du hier. Du kannst deine Einwilligung jederzeit über den Schalter und über Privatsphäre am Seitenende widerrufen.
Nicht nur Meteorologen sprechen heute vom Mix (aus Sonne und Wolken), sondern auch Politiker (Mix aus Freiheit und Verantwortung) und Soziologen (Mix aus Arbeit und Freizeit). Es tut dem Deutschen weh – und steht für eine besonders repressive Haltung.

Seit es statt Wetter nur noch Klima gibt, prognostiziert die Wettervorhersage anstelle einer wechselhaften Wetterlage einen „Sonne-Wolken-Mix“. Noch bedenklicher ist ein „Mix aus Wolken und Regen“. Aber nicht nur Wetterprognosen werden immer häufiger im Cocktailshaker-Fachjargon formuliert, sondern auch Gesellschaftsdiagnosen.

Der Soziologe Andrej Holm fordert von kommunalen Stadtplanern „neue Strategien“, um „mit einem Mix an Veränderungssperren und Kommunalisierungen den Run der finanzialisierten Immobilieninvestitionen“ aufzuhalten. Und die Bertelsmann-Stiftung empfiehlt als Grundlage einer haushaltspolitisch soliden Energiewende „einen Mix aus neuen Umweltsteuern, dem Abbau klimaschädlicher Subventionen und höheren öffentlichen Investitionen“.

Leute, die so reden und einander dabei auch noch zu verstehen glauben, schrecken selbst vorm Optionsmix, Diskursmix und Interaktionsmix nicht zurück, wenn es darum geht, sich intensiv in den gesellschaftspolitischen Austausch einzubringen. Wenn solche Leute eine Ausstellung besuchen, muss die mindestens einen Mix aus Kunst, Wissenschaft und Politik bieten. Gelebte Bürgerlichkeit bedeutet für sie einen Mix aus Freiheit und Verantwortung, gelungene Lebensplanung verlangt nach einem ausgeglichenen Arbeit-Freizeit-Mix und eine erfüllte Partnerschaft muss ein Mix aus Achtsamkeit und Loslassen sein.

Lesen Sie auch
Sie suchen Antworten? Im Fernsehen?
Meinung Verräterische Floskel

Permissiv gegenüber dem Banalen und repressiv gegenüber dem Spezifischen ist der Mix in seiner abwechslungsreichen Gleichförmigkeit ein ebenso genuines Produkt des herrischen Relativismus wie Diversity, Wokeness und Kultursensibilität. Er quirlt einfach das Schlimmste mit dem Besten zusammen und macht dadurch unterschiedslos alles schlecht.

Der Mix lässt nichts für sich bestehen, alles Unterschiedene ineinanderfließen, macht aus jedem So-und-nicht-anders ein amorphes Irgendwie und bestätigt damit das Goethe-Wort: Getretener Quark wird breit, nicht stark.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema

Themen