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Meinung Israel

Das sind die zwei Gefahren, die Israel nach Abbas drohen

WON Kombo Abbas - Martin van Creveld links: Palestinian president Mahmud Abbas addresses the 77th session of the United Nations General Assembly at UN headquarters in New York on September 23, 2022. Israel is deliberately impeding progress toward a two-state solution and can no longer be considered a reliable partner in the peace process, Palestinian leader Mahmud Abbas told the United Nations. (Photo by Bryan R. Smith / AFP) rechts: +honorarpflichtig+++ 30,00€ Online 2013-10-20 14:08:16 Nederland, Amsterdam, 20 oktober 2013, portret, Martin van Creveld, Israelische wetenschapper en schrijver op het gebied van militaire geschiedenis en militaire strategie, schrijver, auteur, Israel, Israelisch, wetenschap, wetenschapper WON Kombo Abbas - Martin van Creveld links: Palestinian president Mahmud Abbas addresses the 77th session of the United Nations General Assembly at UN headquarters in New York on September 23, 2022. Israel is deliberately impeding progress toward a two-state solution and can no longer be considered a reliable partner in the peace process, Palestinian leader Mahmud Abbas told the United Nations. (Photo by Bryan R. Smith / AFP) rechts: +honorarpflichtig+++ 30,00€ Online 2013-10-20 14:08:16 Nederland, Amsterdam, 20 oktober 2013, portret, Martin van Creveld, Israelische wetenschapper en schrijver op het gebied van militaire geschiedenis en militaire strategie, schrijver, auteur, Israel, Israelisch, wetenschap, wetenschapper
Palästinenser-Präsident Abbas; WELT-Autor van Creveld
Quelle: BRYAN R. SMITH/AFP; Bart Koetsier/De Beeldunie/laif; Montage Welt
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Seit fast 20 Jahren bestimmt Mahmud Abbas die Beziehungen der Westbank zu Israel, heute ist er 88 Jahre alt. Wenn er abtritt, wird sich viel ändern. Der israelische Militärtheoretiker Martin van Creveld weiß um die Chancen eines palästinensischen Neuanfangs – und seine Gefahren..

Im Nahen Osten läuten die Alarmglocken. In diesem Beitrag werde ich mich erstens bemühen, zu erklären, warum das so ist, und zweitens, wie ein Krieg aussehen könnte.

Im Nahen Osten läuten die Alarmglocken. Dafür gibt es mehrere Gründe, die alle wichtig sind und die sich alle gut miteinander verbinden können, um den größten Flächenbrand zu erzeugen, den die Region seit Jahren erlebt hat. Der erste Grund ist das bevorstehende Ableben des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas, alias Abu Masen. Der heute 88-Jährige begann seine Amtszeit im Jahr 2005, als er Jassir Arafat ablöste.

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Im Gegensatz zu Arafat, der seine Karriere als Anführer einer Terrororganisation begann, war und ist Abu Masen in erster Linie ein Politiker und Diplomat. In dieser Eigenschaft half er bei der Aushandlung der Osloer Abkommen von 1995 zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsbewegung. Zum Teil aus diesem Grund, zum Teil, weil er den bewaffneten Aufstand seines Volkes (die sogenannte Zweite Intifada von 2000-2003) ablehnte, sahen ihn einige Israelis als einen geschmeidigeren Partner an als seinen Vorgänger.

Siedlungsbau und Terror

So aber hat es nicht funktioniert. Ob durch sein eigenes Verschulden oder durch das Israels oder durch beides, Abu Masen hat es in all den achtzehn Jahren seiner Amtszeit nicht geschafft, einer Friedenslösung auch nur einen Schritt näherzukommen. Israel seinerseits hat nie mit dem Bau neuer Siedlungen aufgehört und baut auch jetzt wieder.

Infolgedessen nehmen der palästinensische Terrorismus und die israelischen Vergeltungsmaßnahmen vor allem im Westjordanland wieder zu und fordern fast täglich Tote und Verletzte.

Das Westjordanland ist auch nicht die einzige Region, in der Israelis und Palästinenser immer wieder aneinandergeraten. Erst wenige Wochen sind vergangen, seit ein prominenter palästinensischer Terrorist in einem israelischen Gefängnis an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben ist. Sein Tod veranlasste die Terrororganisation Islamischer Dschihad im Gazastreifen, nicht weniger als tausend Raketen auf Israel abzufeuern, was zu israelischen Luftangriffen führte, die wiederum weitere Raketen nach sich zogen, und so weiter in einem Zyklus, der in den letzten zwanzig Jahren nur allzu bekannt geworden ist.

Glücklicherweise hat die Hisbollah, eine weitere islamische Terrororganisation, deren Basis im Libanon liegt, nicht eingegriffen. Es ist jedoch keineswegs sicher, dass sie im Falle einer Wiederaufnahme der Feindseligkeiten im und um den Gazastreifen die Drohungen ihres Anführers, genau dies zu tun, nicht wahrmachen wird. Sicherlich verfügt sie über die Fähigkeit und die Pläne dazu; alles, was gebraucht wird, ist eine Entscheidung.

Die israelischen Streitkräfte zählen zu den stärksten der Welt. Vor allem die Flugabwehr, die Raketenabwehr und die Luftabwehr sind unübertroffen. Es wird seine Zeit dauern, und es wird Opfer geben. Doch wenn nicht irgendetwas sehr, sehr schiefgeht, sollte Israel in der Lage sein, nicht nur den Islamischen Dschihad und die Hisbollah zum Schweigen zu bringen, sondern auch eine andere Terrororganisation, die von Gaza aus operiert, nämlich die Hamas. Wenn auch nicht vollständig und für immer, so doch zumindest teilweise und für eine gewisse Zeit.

Zwei Faktoren drohen dieses Kalkül jedoch zu durchkreuzen. Erstens besteht die Möglichkeit, dass das Königreich Jordanien im Zuge der Eskalation der Feindseligkeiten in die Auseinandersetzungen hineingezogen wird, wie es dies bereits während des arabisch-israelischen Krieges von 1948 und dann während des Nachfolgekriegs von 1967 geschehen ist. Da die Palästinenser inzwischen einen sehr großen Anteil an der Bevölkerung des Königreichs ausmachen – wie groß genau, weiß niemand, vielleicht nicht einmal die Jordanier selbst –, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das regierende Haschemitische Haus nicht in der Lage sein wird, unbeteiligt zu bleiben.

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Entweder es schließt sich dem Kampf an, oder es riskiert, gestürzt zu werden. Niemand weiß das besser als die Haschemiten selbst. Nicht umsonst haben einige von ihnen, vom König abwärts, Immobilien und Aktien im Ausland gekauft. Derzeit ist Jordanien eine Oase der Stabilität und befindet sich mit keinem seiner Nachbarn im Krieg. Sollte das Regime jedoch stürzen und einen gescheiterten Staat zurücklassen, ist es wahrscheinlich, dass Terroristen aus dem gesamten Nahen Osten dorthin strömen und das Pulverfass in Gang setzen werden.

Die Mullahs als größte Gefahr

Die andere Möglichkeit ist noch viel bedrohlicher. Im Laufe der Jahre hat der Iran verschiedene terroristische Organisationen im Nahen Osten unterstützt und sie mit Geld, Waffen, Logistik, Ausbildung und mehr versorgt. Im Gegenzug hat Israel seine Flugabwehr eingesetzt, um iranische Drohnen und seine Luftwaffe zum Absturz zu bringen und um iranische Ziele in Syrien zu treffen. Bis heute fehlen dem Iran einige der Elemente, die eine moderne Luftwaffe ausmachen, insbesondere die so wichtigen Frühwarnsysteme.

Andererseits verfügt das Land über die ballistischen Raketen und die Drohnen, die er braucht, um jedes israelische Ziel zu erreichen und zu treffen. Nun ist der Iran ein großes Land mit einer Fläche von 0,63 Millionen Quadratmeilen und einer Bevölkerung von fast 87 Millionen Menschen. Um es zu besiegen, und sei es auch nur in dem Maße, dass es die Feindseligkeiten vorläufig einstellt, bedarf es mehr als nur einiger weniger israelischer Luftangriffe, wie gut geplant, wie präzise und wie gut ausgeführt auch immer.

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Ruhe im Nahen Osten, oder zumindest das, was von ihr übrig ist, am seidenen Faden hängt. Israel, das besetzte Westjordanland, der unbesetzte Gazastreifen, der Libanon, Syrien, Jordanien und der Iran sind alle unmittelbar von einem Krieg bedroht. Nicht nur untereinander, sondern zumindest in einigen Fällen auch in Verbindung mit dem Kampf gegen terroristische Organisationen aller Art. Wie die Geschichte zeigt, dauern Kriege der zweiten Art besonders häufig jahrelang und enden, insofern sie überhaupt stattfinden, im Chaos. Und all das auch noch, bevor wir überhaupt die Rolle berücksichtigen, welche die Atomwaffen – sowohl die, die der Iran entwickeln und einsetzen könnte, als auch die, die Israel bereits besitzt – spielen könnten.

Martin van Creveld, geboren 1946 in Rotterdam, ist emeritierter Professor für Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem. Aus dem Englischen von Christina Borkenhagen.

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