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Kunst Astrup Fearnley Museum

Internationale Kunst, ein Millionenbudget und die schönste Badestelle von Oslo

Astrup Fearnley Museet in Oslo Astrup Fearnley Museet in Oslo
Seit 30 Jahren direkt am Fjord gelegen: Astrup Fearnley Museet in Oslo
Quelle: © Astrup Fearnley Museet, Foto Einar Aslaksen
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Wann beginnt die Gegenwart? Im Astrup Fearnley Museet ist sie seit 30 Jahren in vollem Gange. Für die Zukunft wird das Osloer Privatmuseum noch wichtiger, denn gegenüber staatlichen Häusern hat es entscheidende Vorteile.

Wann fing die Gegenwart an? In der deutschen Literatur ist Gegenwart alles, was nach 1989 erschienen ist. Im Kunsthandel gilt, grob gesagt, alles nach 1960 als „Contemporary Art“. Museen, gefüllt mit den Kunstschätzen des 20. Jahrhunderts, fällt es oft schwer, sich vom überlangen Schatten der 60er-Jahre zu lösen. Umso erfrischender ist es, wenn man mal ein Museum betritt, das jünger ist als die meisten seiner Besucher.

Gegründet wurde das Astrup Fearnley Museet in Oslo im Jahr 1993, als privates Sammlermuseum des norwegischen Reederei-Erben Hans Rasmus Astrup. Der sammelte zwar schon in den 60er-Jahren, aber so richtig in Fahrt kam er, als die amtierende Gegenwart der Kunst geboren wurde: In den frühen 90ern – nach dem Crash des 80er-Jahre-Kunstmarkts – verkündete sie eine spartenübergreifende Entgrenzung der Formen. Selbst als Schiffsmakler erfolgreich, fokussierte sich Astrup auf Zeitgenössisches aus Ländern wie Großbritannien, Deutschland und Amerika.

Seine Kunstsammlung erscheint einem heute wie ein Who’s who – mit klugen Käufen von Damien Hirst, Jeff Wall, Jeff Koons oder Richard Prince. Schlagzeilen machte der zurückgezogen lebende Astrup, als er 2001 die Koons-Skulptur „Michael Jackson und Bubbles“ für den damaligen Rekordpreis von fast sechs Millionen Dollar kaufte. Die aus Porzellan gefertigte, vergoldete Kitsch-Ikone ist auch in der Jubiläumsausstellung „Before Tomorrow“ zu sehen, die am 21. Juni eröffnet hat. Hans Astrup kann sie leider nicht mitfeiern, er ist vor zwei Jahren gestorben.

Es duftet nach Sauna

Was wird nun aus der 1500 Werke starken Sammlung und dem Haus, das er sich 2012 vom Renzo Piano Workshop erbauen ließ und dessen mit Holz verkleidete Außenwände ein wenig nach Sauna duften, schmale Bretter in Braun-, Grau- und Schwarztönen, verwittert von der Oslofjordluft?

Das Astrup Fearnley Museet ist mit seinen 4000 Quadratmetern kein großkotziger Bau, erst recht keine begehbare Skulptur. Das Glasdach wölbt sich wie ein Segel über das Haupthaus, ein Kanal trennt die Ausstellungssäle von denen für die ständige Sammlung.

Badestelle am Astrup Fearnley Mueum in Oslo
Badestelle am Astrup Fearnley Mueum in Oslo
Quelle: Boris Pofalla

Von überall sieht man das Wasser, und man kann auch hineinspringen, was die Leute im Sommer zu Hunderten auch tun. Skandinavier schaffen es irgendwie, sogar einem ab 2007 hier aus dem Boden gestampften Neubauviertel wie Tjuvholmen einen gewissen Charme abzugewinnen.

Internationale Kunststars

Zum 30-jährigen Jubiläum des Museums hat die 2020 angetretene Direktorin Solveig Østvebø einen Mix aus den vom Sammler selbst erworbenen und jüngeren Ankäufen über beide Häuser verteilt. Die Kombination von internationalen Kunststars wie Thomas Struth, Cindy Sherman oder Douglas Gordon und jüngeren, weniger geläufigen, oft aus Norwegen stammenden und insgesamt diverseren Positionen verweist darauf, dass das Museum sich mitten in einem Transformationsprozess befindet: Aus der privaten Kunstsammlung mit einem (kinderlosen) Patriarchen am Steuer wird nach und nach eine Institution, die Aufgaben eines öffentlichen, von Stadt oder Staat getragenen Museums übernimmt.

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Nun ist die Situation in Oslo aber auch eine besondere: In der Hauptstadt des ölreichen Norwegens gibt es kein eigenständiges Kunstmuseum für die Gegenwart mehr. Das 2022 eröffnete, enzyklopädisch angelegte Nasjonalmuseet inkorporiert die Sammlung der aus ihrem ehemaligen Quartier ausgezogenen Nationalgalerie. Es gibt in dem monumentalen Neubau zwar auch Säle, die Contemporary Art gewidmet sind, aber es macht eben doch einen Unterschied, ob man ein ganzes Haus für zeitgenössische Kunst zur Verfügung hat oder nur eine Abteilung.

Charles Ray, „Tractor“, 2003-2005
In der Ausstellung „Before Tomorrow“ im Astrup Fearnley Museet: Charles Ray, „Tractor“, 2003-2005
Quelle: Astrup Fearnley Collection Foto Anders Valde

Wird das Astrup Fearnley nun für Oslo, was das Museum Ludwig für Köln ist, die Fondation Beyeler für Basel oder das Sprengel Museum für Hannover? Auch dort spielten stiftende Privatsammler lange eine wichtige Rolle. Nach deren Tod wurden aus diesen Häusern dann aber keine Mausoleen, wie es so oft das Schicksal von Privatmuseen ist; sie institutionalisierten sich und wurden zugleich von der Öffentlichkeit adoptiert, die sie nun als Teil der städtischen Infrastruktur empfindet.

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Über den Ankaufsetat des Astrup Fearnley von etwa zweieinhalb Millionen Euro pro Jahr entscheidet ein Komitee, dessen Vorsitz die Direktorin Østvebø führt. Weitere Mittel kann die Museumsstiftung freigeben, in die der Gründer auch Kapital aus Landverkäufen in Höhe von etwa 250 Millionen Euro einbrachte. Hinzu kommt Geld von Sponsoren und Stiftungen. Damit kann das Astrup Fearnley, was viele Museen heute nicht mehr können: auf einen gesicherten Etat zurückgreifen und zugleich nach eigenem Ermessen am Markt kaufen.

Aus den Ateliers ins Museum

Die 2013 entstandene Wandarbeit von Kara Walker, vor der Norwegens Königin Sonja die Jubiläumsschau eröffnete, wurde erst kürzlich erworben, und sie passt perfekt auf die asymmetrische Wand des ersten Saals. Auf den ersten Blick sieht man illustrativ-märchenhafte, auf den zweiten Blick albtraumartige Szenen, die mit Südstaaten-Bürgerkriegs-Klischees spielen und doch von der amerikanischen Gegenwart durchtränkt sind.

Die Concorde war in relativer kurzer Abfolge Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Hier eine gleichnamige Fotoserie von Wolfgang Tillmans aus der Astrup Fearnley Collection
Die Concorde war in relativer kurzer Abfolge Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Hier eine gleichnamige Fotoserie von Wolfgang Tillmans aus der Astrup Fearnley Collection
Quelle: SIEHE BESONDERE HINWEISE!! Courtesy David Zwirner, New York/Hong Kong; Galerie Buchholz, Berlin/Cologne; und Maureen Paley, Lond

Sieben großformatige Fotografien aus der „Concorde“-Serie von Wolfgang Tillmans sind ebenfalls ein Neuzugang der Ära Østvebø. Sie stammen aus dem Jahr 1997 – aus der Jugendzeit der Gegenwart sozusagen. Tillmans ist ein Künstler, der zwar in den 90ern bekannt wurde, dessen Werk aber noch immer relevante Impulse setzt, findet die Direktorin, die sich heute vor allem in Ateliers informiert und mit Künstlern direkt zusammenarbeitet, so wie sie es von ihrer Zeit an der Kunsthalle in Bergen und der Renaissance-Society in Chicago kennt. „Aber als Museum“, sagt sie, „sind wir natürlich auch auf der Art Basel unterwegs.“

Was ist aber nun dieses „Before Tomorrow“? Die 90er-Jahre waren die Zeit des spröden, schnoddrigen Realismus der Young British Artists (frühe Arbeiten von Damien Hirst zählen zum Kern der Sammlung). Sie zelebrierten aber auch das Gegenteil, wie Arbeiten des Gesamtkunstwerkers Matthew Barney beweisen (das Museum stellte 2003 den „Cremaster-Zyklus“ aus). Die Dekade ist in der Kunst nicht wirklich zu Ende gegangen.

Im hohen Norden sind die 90er aber auch die Zeit, in der man sich international vernetzte und in der viele heute relevante skandinavische Gegenwartskünstler die internationale Bühne betraten: darunter etwa Olafur Eliasson, Bjarne Melgaard und das Duo Elmgreen & Dragset. Der einflussreiche Kurator Hans-Ulrich Obrist sprach 1998 in einer zum geflügelten Wort gewordenen Wendung vom „Nordic Miracle“.

Dabei war es aber vielleicht nur ein Anschluss an die Normalität, wie sie Oslo gerade wieder erlebt. „Als Astrup begann, gab es so gut wie keine Sammler von Gegenwartskunst in Norwegen“, weiß Solveig Østvebø, „heute gibt es eine ganze Menge.“

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