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Kultur In Zeiten der Wirtschaftskrise

Was uns Hans Falladas „Kleiner Mann – was nun?“ lehrt

Zermürbt: Arbeitslose in Berlin um 1930 Zermürbt: Arbeitslose in Berlin um 1930
Zermürbt: Arbeitslose in Berlin um 1930
Quelle: Roger Viollet via Getty Images/Roger Viollet
Immer geht's ums schnöde Geld. Denn wenn es fehlt, wie bei Johannes und Emma Pinneberg, beschäftigt einen kaum etwas anderes. Doch am Ende wissen sie Rat, was in Zeiten der Wirtschaftskrise das Wichtigste ist.

Johannes Pinneberg ist verliebt in seine schwangere Freundin Emma. Doch leider hat er wenig Geld und auch bald keinen Job mehr. Beides ist schwierig zu bekommen im Deutschland der beginnenden 30er-Jahre. Die Weltwirtschaftskrise hat die Bürger fest im Griff. Wie ein Leben damals aussah, beschreibt Hans Fallada in seinem 1932 erschienenen Roman „Kleiner Mann – was nun?“. Ein Leben am Rande des Nötigsten, in ständiger Angst vor der Kündigung und um den Erhalt der Familie.

Viele Deutsche verbinden die Endphase der Weimarer Republik mit Massenarbeitslosigkeit und Inflation, die den Nazis den Weg bereitete. Ersteres stimmt. Doch tatsächlich herrschte damals eine sehr hohe negative Inflation – eine sogenannte Deflation. Die Preise stiegen nicht, sie fielen. Denn die Menschen hatte keine Jobs und kauften nichts.

Die Währungsaufwertung war das Schreckgespenst der frühen 30er-Jahre. In seinem Roman, einem späten Klassiker der Neuen Sachlichkeit, beschreibt Fallada, wie einen die Angst um das Geld zermürben kann. Als der Bekleidungsverkäufer Johannes Pinneberg plötzlich eine monatliche Verkaufsquote erfüllen muss, raubt es ihm den Schlaf. Der Arbeitsdruck ist so groß, dass er in eine Depression verfällt. Schließlich brennen die Nerven mit ihm durch: Er bedrängt einen Kunden derart, dass er gefeuert wird. Schon damals waren Burn-out oder krank machender Stress ein großes Thema. Der Schriftsteller selbst hatte mit psychischen Problemen zu kämpfen. Fallada, 1893 in Greifswald geboren, blieb auch während der Nazi-Herrschaft ein Bestsellerautor, war aber schwer alkoholabhängig. Er starb im Februar 1947 an den Folgen seiner jahrelangen Morphinsucht.

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Liest man seine Gesellschaftsbeobachtungen der Weimarer Zeit, so erscheinen die Geldsorgen der Pinnebergs heute durchaus (wieder) überraschend vertraut: „Uns bleiben 22,40 Mark – Dann haben wir noch nichts für Feuerung. Und nichts für Gas. Und nichts für Licht und nichts für Kleidung. Ja, und man möchte auch mal ins Kino.“

Heiz- und Stromkosten sind heute wieder Thema Nummer eins. Auch Steuern und Versicherungsbeiträge sind zuverlässig hoch geblieben. Auf der Budgetliste von Emma stehen: Eier: vier Mark, Gemüse: acht Mark, Fleisch: zwölf Mark, Wurst und Käse: fünf Mark, Brot: zehn Mark, Fisch: drei Mark und Früchte: fünf Mark. Steuern und Versicherung 31,75 Mark.

Manches ist heute unvorstellbar: So müssen Pinnebergs nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes skandalös lang auf die Auszahlung des Wochengelds der Krankenkasse warten. Als Johannes am Ende Arbeitslosengeld bezieht, muss er dafür aus ihrer Gartenlaube am Stadtrand mit teuren Tickets ins Zentrum fahren. Bis er irgendwann, verwahrlost und mit löchriger Kleidung, von einem Polizisten verscheucht und gedemütigt wird. Gebrochen flieht er, heim zu seiner Frau Emma. Denn die bleibt der Lichtblick in der ganzen Geschichte. Und so können wir von Fallada zweierlei lernen. Erstens: keine Panik vor der Inflation, fürchtet die Deflation! Und zweitens: Am Ende ist das Wichtigste, dass zu Hause das Licht angeht.

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