Biografie über Astrid Lindgren:Die Stimme, die fehlt

Biografie über Astrid Lindgren: Lindgrens Forderung, Kinder sollten "niemals" elterlicher Gewalt ausgesetzt werden, kam 1978 noch einem Affront gegenüber der bundesrepublikanischen Zuhörerschaft gleich.

Lindgrens Forderung, Kinder sollten "niemals" elterlicher Gewalt ausgesetzt werden, kam 1978 noch einem Affront gegenüber der bundesrepublikanischen Zuhörerschaft gleich.

(Foto: Verlag Friedrich Oetinger GmbH)

Für eine besondere Biografie hat Katrin Hörnlein die letzten noch lebenden Wegbegleiter der Schriftstellerin getroffen, die immer auch eine Anwältin der Kinder war.

Von Mareen Linnartz

1978 tritt Astrid Lindgren, weiße Bluse, schwarzes Jackett, in der Frankfurter Paulskirche an ein Pult und hält eine Rede, die berühmt werden wird, und die, das ist die Tragik daran, heute, 45 Jahre später, eigentlich fast genauso gehalten werden könnte, ohne dass man sich verwundert die Augen reiben würde. Die schon damals berühmte Kinderbuchautorin hat gerade den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen bekommen, sie könnte eine brave Dankesrede halten, so hatte man ihr das im Vorfeld nahegelegt. Aber das macht die 70-Jährige nicht. In exzellentem Deutsch, das sie als junge Erwachsene gelernt hat, denkt sie laut über die Utopie eines weltweiten Friedens nach. "Könnten wir es nicht vielleicht lernen, auf Gewalt zu verzichten? Könnten wir nicht versuchen, eine ganz neue Art Mensch zu werden? Wie aber sollte das geschehen, und wo sollte man anfangen?", fragt sie und findet für sich eine Antwort: "Ich glaube, wir müssen von Grund auf beginnen. Bei den Kindern." Zum Beispiel, indem diese "niemals" elterlicher Gewalt ausgesetzt seien, eine Forderung, die einem Affront gegenüber der bundesrepublikanischen Zuhörerschaft gleichkommt, gehören doch "Zucht und Ordnung" damals noch so sehr zum deutschen Erziehungsverständnis, dass zwei Drittel der Kinder geschlagen werden. Eine Maßnahme übrigens, die erst seit 2000 strafbar ist (in Schweden, Lindgrens Heimat, schon seit 1979).

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