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Medien Günther Grotkamp

Ein Stratege und ein Eroberer

Medienredakteur
Verleger Günther Grotkamp Verleger Günther Grotkamp
Verleger Günther Grotkamp
Quelle: dpa
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Günther Grotkamp, über Jahrzehnte als Chef der „WAZ“-Gruppe einer der mächtigsten Verleger der Bundesrepublik, ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Öffentlichkeit und Tamtam waren dem Geschäftsmann suspekt. Selbst Fehden im Hintergrund konnten seinem Erfolg nichts anhaben.

Wenn Günther Grotkamp in den Siebziger- und Achtzigerjahren mit der Familie in Urlaub fuhr, das berichtete erst kürzlich seine Stieftochter Julia Becker in einem Podcast, dann wurde am Ferienort erst mal aufwendig eine Telefonanlage installiert. Grotkamp wollte als Geschäftsführer der WAZ-Gruppe, schon damals einer der größten Zeitungsverlage in Deutschland, möglichst engen Kontakt mit der Zentrale in Essen halten. Grotkamp, selbst 1927 in Essen geboren, studierter Jurist und Betriebswirt, lebte für die zahlreichen Medien, die in wachsender Zahl zu dem Unternehmen gehörten.

Heute ist die eben erwähnte Julia Becker die Aufsichtsratsvorsitzende der Funke Mediengruppe, so heißt die WAZ-Gruppe seit einer Weile. Jakob Funke war gemeinsam mit Erich Brost Gründer der WAZ-Verlagsgesellschaft. Viele Jahrzehnte bestimmten beide Familien die Geschicke des Unternehmens; erst vor einigen Jahren übernahm die Funke-Familie die alleinige Führung. Günther Grotkamp nimmt in der Geschichte des Verlags eine der Schlüsselrollen ein – er wurde 1975, nach Jakob Funkes Tod, Geschäftsführer und war neben Erich Schumann aufseiten der Brost-Familie letztlich Verleger. Durch seine Heirat mit Petra, der jüngsten Tochter von Jakob Funke, wurde Grotkamp 1986 zudem Teil der Familie.

Im Ruhrgebiet lange eine Macht: die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“
Im Ruhrgebiet lange eine Macht: die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“
Quelle: picture alliance / dpa

„Herr Grotkamp“ hat Julia Becker ihren Stiefvater in dem Podcast, in dem es um die Zukunft der Funke Mediengruppe ging, genannt. Das spricht für Distanz, aber auch für großen Respekt vor der Lebensleistung des Zeitungsmanns aus dem Ruhrgebiet. Sein Name ist wie der von Erich Schumann untrennbar mit dem sogenannten „WAZ-Modell“ verbunden. Dahinter steht der Aufbau eines Verbunds von Regionalzeitungen, deren Redaktionen auch aus kartellrechtlichen Gründen voneinander getrennt und unabhängig blieben, deren Verlagsapparat im Hintergrund, also etwa Anzeigenverkauf, Personalwesen, Druck und Vertriebsorganisation, aber gemeinsam betrieben wurde. Das sparte enorme Kosten – und ermöglichte dem Essener Verlag weitere Zukäufe.

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Auch wegen dieser finanziellen Stärke wurde die WAZ-Gruppe viele Jahre als „Krake“ bezeichnet. Der Nukleus war die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“, es folgte die Übernahme von „Westfälischer Rundschau“, „Neue Ruhr/Rhein-Zeitung“ und „Westfalenpost“, die zu Hochzeiten allein über eine Million Exemplare täglich verkauften. In Österreich stiegen die Essener 1987 bei der „Kronen-Zeitung“ und dem „Kurier“ ein – allein über diese Konflikte mit der Eigentümerfamilie der „Krone“ ließen sich Bücher schreiben.

Nach dem Mauerfall kamen weitere Zeitungen in Thüringen dazu, mit denen man das „WAZ-Modell“ nachbaute. 2007 folgte die „Braunschweiger Zeitung“, 2014 ein Paket von Zeitungen und Zeitschriften, das von Axel Springer gekauft wurde, darunter die „Berliner Morgenpost“, das „Hamburger Abendblatt“, „Hörzu“ und „Bild der Frau“. Ins Zeitschriftengeschäft war man mit dem Kauf der Gong-Gruppe in München schon länger eingestiegen. Nicht zu vergessen: ein umfangreiches Beteiligungsportfolio von elektronischen Medien, Radio und Fernsehen.

Günther Grotkamp am Schreibtisch in Essen
Günther Grotkamp am Schreibtisch in Essen
Quelle: ullstein bild

Die Funke Mediengruppe selbst nennt Grotkamp einen „gewieften Strategen“, einen „Eroberer“ und „Haudegen“. Öffentlich in Erscheinung trat Grotkamp trotz dieser eindrücklichen Charakterisierung kaum – er blieb bewusst und beharrlich im Hintergrund. Grotkamp verkörperte die WAZ wie wenige andere – extrem sparsam, bescheiden, aber auch renditehungrig und machtbewusst. Das Verlegen von Journalismus war ein Wert an sich, aber eben einer, der sich auch rechnen musste. „Die Erfolge der WAZ sind eine Folge der Fehler anderer Verleger“, sagte Grotkamp einmal in der ihm eigenen Deutlichkeit.

Trotz teilweise heftiger Fehden zwischen den Familienstämmen Brost (mit sozialdemokratischen Hintergrund) und Funke (politisch eher konservativ), die sich in ihren Entscheidungen immer einig sein mussten, lief es in geschäftlicher Hinsicht über Jahrzehnte hinweg blendend. Das Internet war noch fern, mit gedruckten Zeitungen ließen sich traumhafte Gewinne erzielen. Die konkreten Bilanzen blieben immer möglichst intern, Öffentlichkeitsarbeit wurde lange sehr klein geschrieben.

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Die Funkes und die Brosts waren aufeinander angewiesen, lebten aber eher in einer Zweckgemeinschaft denn in einer harmonischen Beziehung. Günther Grotkamp war 1960 als Justiziar und Personalchef in den Verlag gekommen, also zwölf Jahre nach Gründung der „WAZ“ im Jahr 1948. Wiederum 15 Jahre darauf übernahm er die Geschäftsführung. Im Jahr 2000 schied er als Geschäftsführer aus, blieb dem Familiengeschäft aber beratend verbunden.

Günther Grotkamp ist nun nach langer Krankheit im Alter von 96 Jahren am vergangenen Samstag im Kreise seiner Familie gestorben. Genau an dem Tag, an dem der Verlag den 75. Geburtstag der „WAZ“ gefeiert hat.

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