"Sisu" von Jalmari Helander im Kino:Nazis können ihn nicht töten

"Sisu" von Jalmari Helander im Kino: Er weigert sich nur einfach, zu sterben - Jorma Tommila in "Sisu".

Er weigert sich nur einfach, zu sterben - Jorma Tommila in "Sisu".

(Foto: Sony)

Ein finnischer Western von ungewöhnlicher Reinheit, der am Ende des Zweiten Weltkriegs spielt: "Sisu" von Jalmari Helander.

Von Fritz Göttler

Ein weites Land, kahle Landschaften und kaltes Wetter, man kann sich hier leicht fernhalten vom Krieg, aber er ist immer noch präsent: Finnland im Jahr 1944, die deutschen Besatzer sind schon auf dem Rückzug. Manchmal gibt es einen roten Himmel, Flammenwände am Horizont, und viele der Straßen sind heillos vermint.

Mitten in der Einsamkeit hackt ein alter Mann ein Loch in die Erde und stößt plötzlich auf Gold. Er langt sich an den Kopf, kann das gar nicht fassen, packt die Satteltaschen voll und macht sich auf den Weg, die mehr als 500 Meilen bis zur nächsten Bank. Ein Trupp deutscher Soldaten, dem er begegnet, lässt den alten Reiter ungehindert passieren - wo du hingehst, erklären sie mit zynischer Freundlichkeit, gibt es nichts mehr für dich. Politik der verbrannten Erde!

Der Alte ist Aatami (offenbar eine finnische Version von Adam) Korpi, verkörpert von Jorma Tommila. Er war ein finsterer, verbissener Soldat, hat im Krieg, damals noch gegen die Sowjetunion, seine Familie verloren und über dreihundert Feinde getötet. Er war eine Kampfmaschine - und ist das immer noch, was die deutschen Soldaten zu spüren bekommen, als sie von dem Gold des Alten erfahren und dieses für sich wollen.

Sisu, heißt es, sei eine Form von Mut und unvorstellbarer Entschlossenheit

Regisseur Jalmari Helander hat 2014 schon mal ein kleines Action-Märchen gedreht, "Big Game": Ein vierzehn Jahre junger Finne rettet den US-Präsidenten, dessen Air Force One-Jet in der Wildnis abgestürzt ist. Der Präsident ist Samuel L. Jackson, der junge Bursche ist Onni Tommila, der Sohn von Jorma und Neffe von Regisseur Helander - er hat auch hier wieder eine kleine Rolle.

Der Film ist ein Finnowestern von geradezu abstrakter Reinheit, wie er Landschaften einsetzt, Splatter und Gewalt, stoische Unbeweglichkeit und überhebliche Verachtung, Kriegsverbrechen auch an Frauen und die Rache der Unterdrückten. Der amerikanische Western hat stets amerikanische Geschichte reflektiert, als man dann in den Sechzigern in Italien mit den Western anfing, hat man die alten Mythen wiederbelebt. Sisu, heißt es zu Beginn, sei eine Form von Mut und unvorstellbarer Entschlossenheit, wenn alle Hoffnung verloren ist ...

"Sisu" erzählt von Untergang und Wiedergeburt, eine sarkastische Passionsgeschichte. Man muss seine Identität auslöschen, um zu überleben - einmal tränkt der Alte sich mit auslaufendem Benzin, damit die auf ihn gehetzten Hunde seinen Körpergeruch nicht wahrnehmen. Ist er unsterblich, fragt einer der Soldaten, und eine junge Frau antwortet lakonisch: "Nein ... er weigert sich bloß zu sterben." Diese Unzerstörbarkeit erinnert an die verrückten Cartoons der Fünfziger, sisu wäre dann eine Art finnische looniness.

Sisu, 2023 - Regie, Buch. Jalmari Helander. Kamera: Kjell Langerroos. Schnitt: Juho Virulainen. Musik: Juri Seppa, Tuomas Väinölä. Mit: Jorma Tommila, Aksel Hennie, Jack Doolan, Mimosa Willamo, Onni Tommila. Sony, 91 Minuten. Kinostart: 11. Mai 2023.

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