„Geister sprechen nicht“, aber manchmal eben doch. Dass die Klatschpresse, die nichts anderes tut, als royale Mücken zu Elefanten zu machen, sich darüber mokierte, dass sein Buch voller Fehler sei, habe ihn schwer geärgert, erklärt J .R. Moehringer. Der Ghostwriter von Prinz Harrys Autobiografie „Reserve“ gibt in der aktuellen Ausgabe des Magazins „New Yorker“ episch Auskunft über sein Tun.
Für die Zeitschrift ist das ein Coup. Systemisch ist es am Limit. Hören denn jetzt selbst die diskreten Berufe auf, diskret zu sein? Muss denn jeder mit jeder Tätigkeit ins Öffentliche? Schreibt jetzt auch ein Ghostwriter noch seine Memoiren darüber, wie er die Memoiren anderer Leute fabriziert hat? Wenn es nur Memoiren wären!
Der mit 48 Minuten Lese- bzw. Hörzeit ausgewiesene Text ist ein ziemlich selbstgefälliges Making-of-Protokoll, das die Logik der Prinz-Harry-Soap nach allen Regeln der Mockumentary durch enthüllte Details verlängert: „Ghostwriter packt über Zoff mit Prinzen aus“, „Nächtlicher Streit wegen dieser Passage“ – so und ähnlich lauten die Schlagzeilen, mit der jetzt – in Bezug auf den „New Yorker“ verbreitet wird, wann warum Prinz Harry welchen Satz gern wie drin gehabt hatte – und warum er am Ende nicht reinkam. Stellen Sie sich das mal vor: In einem Buch wird um richtigen Ausdruck und Narrative gerungen! Sachen gibt’s.
Die entlarvenden Passagen in den „Notes of Prince Harrys Ghostwriter“ sind dann die, in denen J.R. Moehringer über die Folgen seiner – im Vergleich zu Prinz Harry bescheidenen, im Vergleich zur 08/15-Ghostwriter-Szene natürlich immensen – eigenen Prominenz jammert. Seit nämlich bekannt geworden war, dass er, der Pulitzer-Preisträger, der schon Andre Agassis Memoiren geschrieben hat, in charge sei, da sei über ihn, Moehringer, allerhand Falschinformation in Umlauf geraten. „Mein Honorar war falsch, mein Lebenslauf war falsch, sogar mein Name“, schreibt Moehringer – und man ist geneigt, ihm zu sagen: Heul doch! Prinz Harry hingegen habe professionell reagiert: „Willkommen in meiner Welt“.