Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Kultur
  3. Literatur
  4. Tod, Sex, Liebe: Wie geht es weiter, wenn der Partner stirbt?

Literatur „Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“

Alle Arten von Liebe

Akwaeke Emezi im Jahr 2019 Akwaeke Emezi im Jahr 2019
Akwaeke Emezi im Jahr 2019
Quelle: Theo Wargo/WireImage/Getty Images
Nach dem Verlust ihres Mannes wieder zu lieben, fällt der Künstlerin Feyi schwer. Als sie sich dann doch verliebt, ist es in den Vater ihres Freundes und Verehrers. Was dann passiert, schildert die Autorin so bunt, vulgär und kitschig, dass man immer wieder hingucken muss.

Das Wort „Liebesroman“ ist gedanklich nicht weit weg vom Groschenroman. Schema: Frau verfällt Mann, und sie müssen Hindernisse bewältigen, um zueinander zu finden. Das Wort „Liebesgeschichte“ hingegen ist freier. Auch hier geht es um Menschen, die sich lieben, aber es kleben weniger Konventionen daran. Das Ende scheint offen. Die 1987 in Nigeria geborene Schriftstellerin Akwaeke Emezi hat in den vergangenen vier Jahren sieben Bücher veröffentlicht, fast alle „New York Times“-Bestseller, ihr aktuelles Werk „Du bist so schön, sogar der Tod verblasst“ changiert auf interessante Weise zwischen Konventionen und unerwarteten Dimensionen der Liebe.

Im Zentrum steht die 29-jährige Feyi Adekola. Eine Künstlerin aus Brooklyn, die vor fünf Jahren ihren Ehemann bei einem Autounfall verlor. Jonah war, wie man so sagt, die große Liebe ihres Lebens gewesen. Seit seinem Tod hat sich Feyi in Trauer gehüllt und beschließt jetzt, mit Beginn des Romans, wieder zu leben. Und so öffnet die Geschichte mit einer Sexszene auf der Toilette eines Klubs. Dass der erste Sex nach Trauer und fünf Jahren Abstinenz so unpersönlich und gefährlich ist, könnte man als unrealistisch abtun, oder aber, dank Emezis Sprache, als genau richtig. Denn darin liegt eine der Stärken der Autorin: Schönheit an unvermuteten Stellen herzustellen. Doch Feyi hadert noch mit dem Gedanken an eine neue Beziehung oder gar Liebe. Dann lernt sie auf einer Party Nasir kennen, der sich in sie verliebt, sie auf eine karibische Insel einlädt. Dort ist es dann Nasirs Vater Alim, der Feyis Interesse weckt.

Lesen Sie auch

„Du bist so schön, sogar der Tod erblasst“ erzählt nicht nur eine Liebesgeschichte. Es ist vor allem eine Geschichte über die Liebe an sich. Ihre Ausprägungen und wie sie das Leben lenken. Wie sie sich nach dem Verlust eines Menschen in etwas Dunkles und Tröstliches zugleich verwandelt. Wie die Liebe zu den Kindern die zu einem Partner überwiegen und verhindern kann. Wie viel Sicherheit die Liebe zur besten Freundin geben kann und dass die nicht mal rein platonisch sein muss, um zu funktionieren. Die Wirkkräfte der Liebe sind hier nach allen Seiten offen. Im eigentlichen und im übertragenen Sinne, denn beinahe jede Figur ist bisexuell.

Eine Mischung aus „Girls“ und „Bridgerton“

Emezis Sprache wandelt sich mit jeder Liebesform. Von rauen bis vulgären Dialogen zwischen den besten Freundinnen über sinnliche Beschreibungen von Naturerlebnissen bis hin zu Kitsch, etwa, wenn Alim zu Feyi sagt: „Du bist wie Licht. Um weiterzuleben, muss ich dir mein Gesicht zuwenden.“ Oder wenn sich „seine Aura mit ihrer kreuzt“ und die Begierde „tief wie die Nacht“ ist und „gierig wie der Ozean“. Hier liest man dann wohl doch eher einen Groschenroman. Gespannt, was als Nächstes passiert und wann die beiden, die sich eigentlich nicht lieben dürfen, endlich miteinander schlafen.

Durch seine Dynamik erinnert Emezis dialoglastiger Roman manchmal auch an eine Fernsehserie, eine Mischung aus „Girls“ und „Bridgerton“, etwa wenn die beiden Freundinnen Feyi und Joy sehr direkt und fast ausschließlich über Sex reden. Sobald Feyi das Anwesen von Nasirs Vater – eines reichen Sternekochs – betritt, kommt es ihr vor, als betrete sie einen höfischen Raum. Sie tritt ein in eine Luxuswelt, abgeschottet auf einem Anwesen in den Bergen. Ihr zu Ehren wird eine Feier abgehalten, für die sie sich die goldgefärbten Haare hochsteckt und Rubine an den Ohren trägt. Es ist ein modernes Märchen, das sich zu lesen lohnt.

Akwaeke Emezi: Du bist so schön, sogar der Tod erblasst*. Hanser, 352 Seiten, 25 Euro.

*Dieser Text enthält Affiliate-Links. Das bedeutet: Sollten Sie über die mit einem Stern gekennzeichneten Links einen Kauf abschließen, erhält WELT eine kleine Provision. Die Berichterstattung beeinflusst das nicht. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema