Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Neu in Kino & Streaming: Gérard Depardieu spielt Commissaire Maigret - da haben in "Maigret" zwei Schwergewichte zusammengefunden.

Gérard Depardieu spielt Commissaire Maigret - da haben in "Maigret" zwei Schwergewichte zusammengefunden.

(Foto: Pascal Chantier/dpa)

Til Schweiger gibt noch mal Gas, Kommissar Maigret kehrt ins Kino zurück, und Sisi macht Urlaub in Griechenland - die Filmstarts der Woche in Kürze.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Dungeons & Dragons: Ehre unter Dieben

Anke Sterneborg: Die erste Kinoversion des nun schon seit bald fünfzig Jahren erfolgreichen Ritter-Hexen-Magier-Rollenspiels war ein Flop, warum sollte das jetzt anders sein? Weil der Stoff bei John Francis Daley und Jonathan Goldstein, die bereits den Familienwochenendtrip "Vacation" und eine "Game Night" unter Freunden in einen Riesenactionspaß mit viel Komik und Gefühl verwandelt haben, in guten Händen ist. Sie präsentieren hier eine Jahrmarktsattraktion im besten Sinn, lustvoll verspielt, aber nicht albern, mit rasanter Action, fantasievollen Kreaturen in prächtigen Welten, mit Tricks, die nicht nur aus dem Computer kommen. Dazu kommt eine tolle Buddy-Chemie zwischen Michelle Rodriguez und Chris Pine, in vertauschten Rollen, sie als muscle, er mit dem lockeren Mundwerk und den erfinderischen Ideen.

The Blaze - Flucht aus den Flammen

Martina Knoben: Waldbrandgefahr. Ein Sohn (Alex Lutz) hilft seinem Vater (André Dussollier) bei der Evakuierung. Die beiden stecken bald fest in einem Riesenstau und kämpfen, als der Brand außer Kontrolle gerät, um ihr Leben. Ein Katastrophen- und ein Familienfilm: Die Flucht vor dem Feuer wird zum Höllentrip, bei dem zunehmend Vater-Sohn-Konflikte im Mittelpunkt stehen. Quentin Reynaud inszeniert das als jüngstes Familiengericht, mit surrealen, apokalyptischen Bildern und Liebesbezeugungen vor Feuerwänden. Ein merkwürdiger Film.

Der Gymnasiast

Philipp Stadelmaier: Durch den schwulen Gymnasiasten Lucas (Paul Kircher), der erst seinen Vater und dann den Boden unter den Füßen verliert, erzählt der Filmemacher Christophe Honoré seine eigene Lebensgeschichte, während er selbst besagten Vater spielt. Die vom Tod des Autors hinterlassene Leere wird gefüllt durch die Aneinanderreihung mal schmerzlicher, mal lustvoller Episoden, während Politik und Kunst gestreift werden und doch nur Randerscheinungen bleiben. Ein Film wie eine impulsive Suche, romantisch, selbstbezogen.

Kill Boksoon

Carlotta Wald: Das Geschäft mit dem Tod, das wissen wir aus der Filmgeschichte, ist mitunter elegant, dekadent und erotisch aufgeladen. Der südkoreanische Regisseur Byun Sung-hyun führt uns nun aber vor: Auch Killer haben Alltagsprobleme, etwa als alleinerziehende Mutter. Gil Boksoon ist die edelste Klinge der elitären Mordagentur MK Ent. Sie weiß sich gegen jeden Gegner heroisch zu verteidigen, nur die Pubertät der eigenen Tochter macht sie ratlos. Ehre, Rache, Stolz - die sozialen Codes und Strategien ihres Gewerbes greifen im Privatleben nicht. Die Vermengung beider Welten mündet in einen actionreichen Kampf um alles. Gil Boksoon, sehenswert gespielt von Jeon Do-yeon, ist dabei die erste Profikillerin auf der Leinwand, die zeigt: Der wahre Thriller findet eben doch im ganz normalen Alltag statt.

La Maison - Haus der Lust

Johanna Müller: Eine Recherchereise ins Rotlichtmilieu mündet in zwei Jahren Sexarbeit in einem Berliner Bordell. Aus diesem Selbsterfahrungstrip der französischen Autorin Emma Becker, 2019 als Autofiktion erschienen, hat Anissa Bonnefont einen intimen, aber an keiner Stelle vulgären Spielfilm gemacht. Sie verklärt das Metier nicht, fokussiert sich aber auf die weibliche Selbstbestimmung. Zu sehen sind schöne, aber auch schreckliche Erfahrungen der Sexarbeiterinnen. Ein vorurteilsfreies Porträt der Frauen und ihrer Beweggründe, in einem Bordell zu arbeiten.

Maigret

Tobias Kniebe: Commissaire Maigret, der legendäre Pariser Mordermittler aus der Feder von Georges Simenon, ist noch weniger totzukriegen als der große, aber angeschlagene Gérard Depardieu. Zeit also, dass die beiden fürs Kino verschmelzen. Patrice Leconte hat einen Maigret-Fall aus den Fünfzigerjahren adaptiert, bei dem sich der empathische Commissaire ins Leben von armen jungen Provinzlerinnen einfühlt, die im gefährlichen Paris ihr Glück suchen. Eine kommt dabei um, eine andere hilft ihm bei der Aufklärung des Falls. Kein Film, der dem Zeitgeist irgendwie nachläuft, aber unter seiner klassischen, dunklen Sepia-Oberfläche steckt ein gelungenes Werk aus der Gegenwart.

Manta, Manta - Zwoter Teil

Susan Vahabzadeh: Bertie (Til Schweiger) ist in die Jahre gekommen, und die Zeit hat es ihm nicht leicht gemacht - Lappen weg, Frau (Tina Ruland) weg, seine Autowerkstatt steht kurz vor der Pleite. Nur ein Sieg bei einem Rennen kann ihm noch aus der Patsche helfen, er hat seinen Kindern allerdings versprochen, nie wieder eines zu fahren. Til Schweiger hat "Zwoter Teil" selbst inszeniert, und hier wird wirklich jeder umarmt, der dem Ruhrpott-Schrauber-Universum zu nahe kommt, sogar der olle Axel mit seinem Mercedes. Die Manta-Nostalgiker werden mit Cameos von Doku-Soap-Stars wahrscheinlich wenig anzufangen wissen, umgekehrt bringen die Soap-Fans vermutlich keine Manta-Nostalgie mit. Für Leute ohne einen gewissen Sinn für Häufchenhumor ist dieser Film jedenfalls ungeeignet - aber auf eine schräge Art hat er das Herz am rechten Fleck.

The Ordinaries

Nicolas Freund: Niemand träumt davon, in einem Film eine Nebenrolle zu spielen. Wenn schon, dann natürlich die Hauptrolle. Sieht auch Paula so. Aber sie wurde als Nebenfigur in die Filmwelt geboren, ein Aufstieg zur Hauptfigur ist möglich, aber dafür muss Paula die Prüfung für Hauptrollen bestehen und vor allem - das ist sehr, sehr wichtig! - ganz viele Emotionen zeigen. Sonst droht ihr das Schicksal eines Filmfehlers, und sie wird einfach herausgeschnitten. Regisseurin Sophie Linnenbaum hat für ihr Spielfilmdebüt kurzerhand die Form zum Inhalt gemacht und lässt die Figuren über ihre eigene Rolle im Film verzweifeln. Ein genialer Einfall, der das klassische Erzählschema Hollywoods auf den Kopf stellt - wenn auch nicht völlig konsequent. In vielem folgt der Film doch den klassischen Handlungsschemata, die er gerade infrage stellen möchte, und widerspricht sich selbst, denn Paula müsste sich gar nicht so stressen: Sie spielt ja längst die Hauptrolle.

Sisi & Ich

Kathleen Hildebrand: Nach einer kleinen Springflut an "Sisi"-Werken schafft Frauke Finsterwalder es, noch einmal einen ganz neuen, frischen Blick auf die ikonische Kaiserin zu werfen. Sie zeigt sie im selbstgewählten Exil auf Korfu in einem sonnigen Palazzo, umringt von Frauen ohne Korsetts. Und sie stellt ihr Sandra Hüller als tollpatschige Hofdame Irma Sztáray zur Seite, durch deren Augen man eine Frauenfreundschaft miterlebt, die im unterhaltsamsten Sinne toxisch ist. Eine Tragikomödie über die Freiheit, die für Frauen viel zu lange viel zu unmöglich war.

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