Beim Stichwort „Funktionskleidung“ tritt sofort ein Deutscher Tourist vors innere Auge. Man schwelgt in Beige- und Brauntönen und lauscht dem Ratschen von Klettverschluss. Doch die neue Art von Funktionskleidung kommt ausgerechnet aus dem Mode-Land Italien. Die Garderobe des Startups „Cap_able“ schützt nur nicht vor Wind und Wetter, sondern vor digitalen Übergriffen – und zwar in den buntesten Farben. Die Muster der Pullover, T-Shirts, Kleider und Hosen der „Manifesto“-Kollektion sollen laut Hersteller biometrische Gesichtserfassungssysteme verwirren. Damit Kameras nicht mehr Menschen, sondern Zebras, Giraffen und Hunde erkennen.
Rachele Didero, die 29-jährige Geschäftsführerin von „Cap_able“, kam während ihres Studiums am „Fashion Institute of Technology“ in New York auf die Idee. Bei einem Gespräch über Datenschutz und Menschenrechte. Die Umsetzung war schwierig. Um sich vor neuer Technologie zu schützen, muss man sich ihrer bedienen. Die Muster der Kollektion bestehen aus sogenannten „adversarial Patches“, also „gegnerischen Flicken“. Diese wurden mithilfe künstlicher Intelligenz entwickelt, um Gesichtserkennungssoftware zu verwirren. Nun basiert Gesichtserkennung auf Algorithmen, die je nach Anbieter variieren. Didero und ihr Team haben sich bei ihrer Arbeit am „YOLO“-Algorithmus orientiert (You Only Look Once), der häufig zur biometrischen Erfassung verwendet wird. Laut Tests, so Didero, könne ihre Kollektion in 60 bis 90 Prozent der Fälle YOLO-Systeme erfolgreich täuschen.
Die Technik könne etwa in Hongkong oder dem Iran Protestierende vor Verfolgung schützen. Ganz billig ist das aber nicht: Die aus ägyptischer Baumwolle in Italien gefertigten Stoffe kosten je Stück zwischen 300 und 500 Euro. Und wie sieht das überhaupt aus? Wer an Leopardenprint denkt, denkt falsch. Eher ähneln die Muster einer bunten Flickenansammlung – als sähe man auf einem psychedelischen Trip eine Steppenlandschaft mit Zebras. In Berlin wäre es ein Renner. Auch wenn die Schutzkleidung gegen Überwachung noch nicht ganz alltagstauglich ist, verweist sie auf ein Problem: Was Datenschutz angeht, stehen wir viel zu oft nackt da.