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Ohne Scham und falsche Verlegenheiten

Heldenbild (Daniel Spivakov), Designerstuhl (Julian Bieneck), gemachtes Bett (Sam Chermayeff) Heldenbild (Daniel Spivakov), Designerstuhl (Julian Bieneck), gemachtes Bett (Sam Chermayeff)
Bei Stallmanns: Heldenbild (Daniel Spivakov), Designerstuhl (Julian Bieneck), gemachtes Bett (Sam Chermayeff)
Quelle: Courtesy Stallmann
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Am Rand einer traurigen Fußgängerzone befindet sich Berlins heiterste Galerie. Die Kulturmanagerin Lina Stallmann hat sie in Charlottenburg gegründet. Sie glaubt an den Erfolg von Kunst und Leben – ganz dicht beieinander.

Das Wort „Fußgängerzone“ lässt nicht an Kunst denken. Außer vielleicht an Chagall-Poster von Nanu-Nana oder an jene hässlichen, von Graffiti überzogenen Metallhindernisse, hergestellt von Lokalkünstlern, die mal mit dem Bezirksbürgermeister Weißwein getrunken haben. Die einzige Fußgängerzone Berlins liegt im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Sie bildet keine Ausnahme von der typisch deutschen, urbanen Depression mit Billigläden und Handyshops. Und doch, gleich um die Ecke von McDonald’s, befindet sich hier eine Galerie. Sie heißt Stallmann.

Ebenso unprätentiös wie ehrgeizig präsentiert die junge Galerie hauptsächlich Künstler, die man noch nicht kennt. Momentan ist dort unter dem Titel „Do you live here?“ eine Gruppenschau mit Malerei, Fotografie, Skulptur und Design zu sehen. Dort sieht es aus wie in einer belebten, überaus avantgardistischen Wohnung. Die Ausstellung zeigt, wohin die Reise der hellwachen Galeristin Lina Stallmann und ihres Partners, des Malers Daniel Spivakov, bald gehen könnte: nämlich aufwärts.

Vor zwei Jahren – also mitten in tiefster Pandemielethargie, in der sich Galerien an Corona-Hilfen festhielten und nicht wussten, ob sich die Kunstwelt gänzlich ins Virtuelle verlagern würde – eröffnete das Paar spontan die beiden Räume zur Straße für Ausstellungen und zog zum Wohnen in die Zimmer zum Hinterhof. Spivakov, der 1996 in Kiew geboren wurde und am Londoner Central Saint Martins College of Art and Design studierte, malt da draußen bis zur Nullgradgrenze. Lina Stallmann, Jahrgang 1994, hat in München BWL und in London Innovation Management studiert und arbeitete in der potenten Galerie Lévy Gorvy, bis man dort wegen Covid Personal einsparte.

Kurz entschlossen eröffnete sie in London ihre eigene Galerie – doch dann überließ ihnen ein Bekannter die Berliner Räume, und innerhalb von zwei Wochen hatte die Hauptstadt einen neuen Kunstort, der so unverblümt heiter und ambitioniert ist, dass hier offenbar die Idee der Wohnungsausstellungen, wie man sie aus dem Berlin der 90er-Jahre kennt, ins Instagram-Zeitalter katapultiert wurde.

Eine exklusive Künstlerliste hat die Galerie Stallmann nicht, man wolle erst einmal Fuß fassen. Sie aber unterstütze die Künstler über An- und Verkäufe, sagt die Galeristin. Dass das gelingt, zeigt die zur Eröffnung aus allen Nähten platzende Ausstellung, für die sehr junge Künstler an der Schwelle zum Studium mit international bekannten Namen aus dem Architekturkontext zusammengebracht wurden.

Dazu zählen AAS Gonzalez Haase und Sam Chermayeff, dessen minimalistische Stahlmöbel – ein zum Schlaf fertig gemachtes Bett, ein Tisch mit Öffnungen für Pflanzen oder ein langer Haken, an dem ein Büschel Bananen baumelt – etwas von leicht derangiert wirkenden Mitbewohnern haben, die nach einer langen Nacht irritiert ins Licht blinzeln.

Außerdem gibt es Steine von Pia Matthes, die man an eine Steckdose anschließen und sich daran aufwärmen kann. Auch Daniel Spivakov gehört zu den ausgestellten Künstlern. Er hat ein Heldenbild von Georg Baselitz nachgemalt und die zombiehaft fast aus dem Bild stürzende Figur mit einem knallblauen Anorak versehen.

Pia Matthes, „Thermonites“, 2020
Pia Matthes, „Thermonites“, 2020
Quelle: Courtesy Stallmann

Spivakov ist ein Kommunikationstalent und mit dem amerikanischen Künstler Julian Schnabel befreundet, der das Paar in seinem Palazzo Chupi in Manhattan wohnen ließ. Und er hat es in die Ausstellung „Chronorama. Photographic Treasures of the 20th Century“ geschafft, die ab 12. März 2023 im Palazzo Grassi in Venedig gezeigt wird und vier junge Künstler mit historischen Fotografien aus der Sammlung von François Pinault kombiniert.

Ob das kuratorische Konzept der Schau so genial ist, sei dahingestellt. Die Reichweite aber, die Spivakov und Stallmann mit ihren Aktivitäten binnen zwei Jahren generiert haben, ist beachtlich. „Wir sind einfach superkommunikativ.“ Viele Kontakte entstünden über Freunde, sagt Stallmann, und vor allem über Instagram: „Ich schreibe jedem, den ich kennenlerne, und antworte auf alle Nachrichten, nach dem Motto: keine Scham und keine falsche Verlegenheit.“

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Viele ihrer Kunden kommen aus der Start-up-Szene oder der Beraterbranche und merken gerade, dass es noch mehr auf der Welt gibt als den Job. Und von der Exklusivität, die der Kunstwelt sonst anhaftet und die selbst auf den Wohnungsgaleriepartys der 90er vorherrschte, ist hier nichts zu spüren. „Der große Austausch hat uns in kurzer Zeit sehr weit gebracht. Wir holen die Leute da ab, wo sie stehen, statt sie zu belehren.“

Zwischen Fußgängerzone und Luxus-Lifestyle hin- und herzunavigieren: Das klingt in einer Welt mit Sharing am einen und Superreichtum am anderen Ende der Selbstverwirklichungskette irgendwie nach Erfolg.

„Do you live here?“, bis 28. Februar, Galerie Stallmann, Berlin

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